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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Evaluation eines partizipativen Forschungsansatzes zur Entwicklung einer App-basierten therapeutischen Intervention für Patient:innen mit Fatigue und Konzentrationsstörungen – eine qualitative Studie

Imke Schwalm 1
Katharina Vieth 1
Nadja Wegner 2
Alexandra Dopfer-Jablonka 3,4
Christine Happle 4
Frank Müller 1
Tim Riester 1
Eva Maria Noack 1
Torge Christian Wittke 3,4
Andrea Stölting 3,4
Tim Schmachtenberg 1
1Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
2Universität Potsdam, Klinische Psychologie und Psychotherapie, Potsdam, Deutschland
3Regionales Kooperatives Rheumazentrum Niedersachsen e.V., Deutschland
4Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Immunologie und Rheumatologie, Hannover, Deutschland

Text

Hintergrund: Fatigue ist ein häufiges Symptom chronischer Erkrankungen wie Long COVID oder rheumatischen Erkrankungen und schränkt den Alltag von Betroffenen ein. Derzeit mangelt es an evidenzbasierten Therapieansätzen. Im DiEgO-Projekt (Digitale Ergotherapie gegen Fatigue) wird kooperativ mit Betroffenen und TherapeutInnen eine interaktive Web-App mit ergo- und bewegungstherapeutischen Interventionen zur Unterstützung im Alltag entwickelt.

Zielsetzung/Fragestellung: Es wird systematisch untersucht, inwiefern die Sichtweisen und Bedürfnisse von Betroffenen und TherapeutInnen (Co-Forschende) während des Entwicklungsprozesses berücksichtigt werden.

Material und Methoden: In Kennenlernrunden werden zunächst die Erwartungen der Co-Forschenden an ihre Beteiligung am Forschungsprojekt und an die Inhalte der DiEgO-App erhoben. Anschließend erfolgen teilnehmende Beobachtungen von Forschungswerkstätten, in denen die Interaktionen der Forschenden in Form von Memos dokumentiert und nach der Grounded Theory ausgewertet werden. Im Rahmen der Prozessevaluation wird mittels leitfadengestützter Einzelinterviews reflektiert, inwiefern sich die Erwartungen realisiert oder verändert haben. Die Interviews werden transkribiert, anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz analysiert und mithilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie interpretiert.

Ergebnisse: Die Möglichkeit der Mitgestaltung und der kontinuierliche Austausch auf Augenhöhe erlebten die Co-Forschenden als motivierend. Gezielte Rückfragen zur persönlichen und beruflichen Situation der Betroffenen und TherapeutInnen, eine gemeinsame Sprache und Zeichen der Wertschätzung schafften eine vertrauensvolle Atmosphäre, die zusammen mit einer klaren Strukturierung der Treffen eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Interventionen ermöglichte. In mehreren Anpassungsschleifen gaben die Co-Forschenden detailliertes und konstruktives Feedback zu den einzelnen Interventionen, das erfolgreich umgesetzt wurde.

Diskussion: Diese qualitative Studie liefert wertvolle Erkenntnisse für die Konzeption zukünftiger Forschungsprojekte zur kooperativen Entwicklung digitaler Gesundheitsinterventionen. Sie verdeutlicht, wie sich die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung auf die Selbstwirksamkeit von PatientInnen und die Passgenauigkeit von Behandlungsangeboten auswirkt.

Take Home Message für die Praxis: Die Integration partizipativer Forschungsansätze bei der Entwicklung von Behandlungsangeboten erhöht die Akzeptanz, Passgenauigkeit und Nützlichkeit dieser Angebote, was zur Entlastung von BehandlerInnen und Optimierung der PatientInnen-Versorgung beiträgt.