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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Welche psychosozialen Probleme nennen Hausärzt:innen als Überweisungsgrund auf dem Sozialen Rezept? Ergebnisse einer multizentrischen randomisierten kontrollierten Machbarkeitsstudie in Berlin und Brandenburg

Niklas Jeske 1
Hendrik Napierala 1
Stephanie Roll 2
Weronika Grabowska 2
Julia Ucar 2
Jenny Klußmann 1
Natalie Viaux 1
Mariyan Madzharov 1
Wolfram Joachim Herrmann 1
1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Berlin, Deutschland

Text

Hintergrund: Social Prescribing (SP) ist ein innovativer Ansatz, um Patient:innen mit nicht-medizinischen psychosozialen Problemen in der Primärversorgung zu unterstützen. Dabei überweisen Hausärzt:innen ihre betroffenen Patient:innen an Link Worker, die die Patient:innen beraten und an bestehende soziale Aktivitäten und Unterstützungsangebote vermitteln. Es gibt noch keine Studien zu SP in der deutschen Primärversorgung.

Zielsetzung/Fragestellung: Welche psychosozialen Probleme nennen Hausärzt:innen als Überweisungsgrund in "Social Prescribing" und wie ist ihre Häufigkeit verteilt?

Material und Methoden: Die Daten wurden als Teil einer multizentrischen randomisierten kontrollierten Machbarkeitsstudie mit neun hausärztlichen Praxen in Berlin und Brandenburg erhoben. Während der Patient:innenrekrutierung wählten die Hausärzt:innen ein oder mehrere psychosoziale Probleme und ein Hauptproblem aus einer Liste mit 23 Items aus. Die Liste basiert auf Kapitel ZC "Social Problems" der International Classification of Primary Care – 3rd Revision. Absolute und relative Häufigkeit des Hauptproblems und aller genannten Probleme wurden deskriptiv auf Praxisebene untersucht.

Ergebnisse: Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die Überweisungsgründe in das SP breit gefächert waren. Die häufigsten Hauptprobleme umfassten Einsamkeit, Probleme mit Sozialleistungen, finanzielle Probleme, Krankheit von Angehörigen und Probleme auf der Arbeit. Im Vergleich zwischen den hausärztlichen Praxen wurden unterschiedliche Nutzungsmuster von SP deutlich.

Diskussion: Die Ergebnisse bieten erste Einblicke in die Nutzung von SP durch deutsche Hausärzt:innen und unterstützen bestehende Erkenntnisse zur Prävalenz sozialer Probleme in der deutschen Primärversorgung und zu SP in anderen Ländern. Die unterschiedliche Nutzung von SP durch die hausärztlichen Praxen könnte Unterschiede in den Patient:innenpopulationen spiegeln. Die Studienergebnisse können bei der Weiterentwicklung von SP in Deutschland unterstützen, insbesondere in der Schulung von Hausärzt:innen.

Take Home Message für die Praxis: Social Prescribing wird von deutschen Hausärzt:innen häufig bei Einsamkeit, Problemen mit Sozialleistungen und finanziellen Problemen eingesetzt. Die vielfältigen psychosozialen Probleme verdeutlichen den breiten Unterstützungsbedarf in der hausärztlichen Versorgung. Das soziale Rezept hat das Potenzial Hausärzt:innen gezielt zu unterstützen.