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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

HÄPPI – Pilotierung eines Modells für die ambulante Versorgung in Deutschland

Simon Schwill 1
Johanna Mink 1
Anika Meißner 2
Nina Sander 1
Susanne Bublitz 2
Michel Wensing 1
Attila Altiner 1
Nicola Buhlinger-Göpfarth 2
1Universitätklinikum Heidelberg, Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
2Hausärztinnen- und Hausärzteverband, Baden-Württemberg, Deutschland

Text

Hintergrund: Der Versorgungsdruck in der hausärztlichen Versorgung steigt stetig und bekannte Fehl-, Über- und Unterversorgungsphänomene nehmen zu. 2023 wurde das HÄPPI (Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell) als neues Versorgungskonzept entwickelt, das neue Formen der patientenzentrierten und gesundheitskompetenzfördernden Zusammenarbeit im Team unter konsequenter Nutzung digitaler Technologien ermöglichen soll. Damit soll auch eine Stärkung der hausärztlichen Steuerungsfunktion erreicht werden.

Zielsetzung/Fragestellung: In der deutschlandweiten ersten Pilotierung des HÄPPI sollten Machbarkeit, Skalierbarkeit und der Implementierungsprozess untersucht werden.

Material und Methoden: Von 01.07.2025 bis 31.12.2024 erfolgte die Pilotierung von HÄPPI in Baden-Württemberg. Dazu wurden aus 43 Praxen insgesamt 10 Praxen nach definierten Kriterien ausgewählt. Die Intervention bestand aus einem Workshop, informellem Austausch zwischen den Pilotpraxen, einer kontinuierlichen Begleitung und einer Aufwandsentschädigung. Die Pilotierung wurde in einem Mixed-methods-Design begleitet. Pilotpraxen nahmen vor, während und nach der Intervention an Interviews teil und beantworteten standardisierte Fragebögen. Die Patientenperspektive wurde in den Praxen erhoben.

Ergebnisse: Zehn von zehn Praxen nahmen aktiv an der Pilotierung teil. Es wurden 32 Einzelinterviews und drei Fokusgruppen durchgeführt. Die Pilotpraxen erhoben N=2.052 Patientenfragebögen. Alle Praxen konnten Mitarbeitende aus neuen Gesundheitsberufen (PCM = Primary Care Manager, PA = Physician Assistant) sinnvoll in ihr Team integrieren und die Organisationstrukturen in Bezug aus Praxismanagement und Versorgung verbessern. Fast alle Pilotpraxen erweiterten ihre digitalen Angebote erheblich (u.a. Videosprechstunde, Onlineterminvergabe, Messenger, Self-check-Inn und KI-gesteuerte Telefonassistenz), 9/10 erlebten dadurch eine relevante Entlastung. Der Austausch unter den Praxen und die Prozessbegleitung durch den Hausärztinnen und Hausärzteverband wurden durch die Pilotpraxen als hilfreich wahrgenommen.

Diskussion: Alle Praxen haben einen auf Nachhaltigkeit angelegten Transformationsprozess begonnen. HÄPPI gab dazu neben den Entwicklungsperspektiven auch die notwendige Orientierung und Motivation. HÄPPI erscheint als machbares und skalierbares Versorgungskonzept mit gutem Ankerpotential.

Take Home Message für die Praxis: HÄPPI kann einen wichtigen Teil der notwendigen Transformation der Primärversorgung in Deutschland leisten.