Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Das ist noch nicht das Ende – Konzept und Evaluation der interprofessionellen Lehrveranstaltungen im Modul Lebensende an der Medizinischen Fakultät OWL
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Die interprofessionelle Zusammenarbeit ist ein zentraler Baustein für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung [1]. Um zukünftige Gesundheitsfachkräfte optimal darauf vorzubereiten, kommt der interprofessionellen Lehre (IPL) eine Schlüsselrolle zu [2]. Im vorgestellten Poster wird der Frage nachgegangen, inwiefern IPL den interprofessionellen Kompetenzzuwachs der Lernenden positiv beeinflusst und welche Faktoren innerhalb einer Lehrveranstaltung dafür maßgeblich sind.
Methoden: Im Sommersemester 2024 wurden drei Vorlesungen (insgesamt 9 Unterrichtseinheiten) im Modul „Lebensende“ im 6. Semester umgesetzt, die fächer-, einrichtungs- und berufsgruppenübergreifend konzipiert waren. Die Lernenden nahmen direkt im Anschluss an die Vorlesungen an einer Online-Evaluation teil (siehe Abbildung 1 [Fig. 1]). Zusätzlich wurden am Anfang und am Ende des Themenblocks die Veränderungen in ihren Einstellungen und Kompetenzen zur Interprofessionalität mithilfe des Freiburger Fragebogens für Interprofessionelle Lernevaluation (FILE) [3] auf den Skalen Relevanz, Rollenverständnis und Teamfähigkeit im Prä-Post-Design erfasst.
Abbildung 1: Evaluationskonzept und Erhebungszeitpunkte für die interprofessionelle Lehre
Ergebnisse: An den Veranstaltungen nahmen in unterschiedlicher Besetzung Lernende (n=138) aus vier Berufsgruppen teil: Medizin, Klinische Linguistik/Sprachtherapie, Ergo- und Physiotherapie. Die Vorlesungen behandelten das interprofessionelle Management alltagsrelevanter Beeinträchtigungen (V1), die Dysphagie-Diagnostik und -Therapie (V2) sowie die seelsorgliche Perspektive auf die Situation von Patient*innen im Krankenhaus (V3).
Sowohl positive als auch hinderliche Faktoren in Bezug auf Konzeption und Umsetzung wurden durch die Veranstaltungsevaluation (V1 n=41, V2 n=7, V3 n=21) identifiziert. Von den Teilnehmenden wurde die Auseinandersetzung mit den Schnittstellen und Aufgaben der einzelnen Berufe in den behandelten Themengebieten als bereichernd wahrgenommen.
Die Analyse der FILE-Daten am Ende des Themenblocks ergab, dass die Lernenden ihre Einstellungen und Kompetenzen im Bereich Interprofessionalität nach der Veranstaltung (M=4.099, SD=.335; n=14) höher einschätzten als vor der Veranstaltung (M=3.964, SD=.396; n=49).
Diskussion: IPL-Formate können den Kompetenzaufbau sowie den Austausch zwischen verschiedenen Berufen fördern. Die Evaluation zeigt u. a. Entwicklungspotenzial in der Gestaltung von interaktiven und praxisnahen Austauschmöglichkeiten. Die Erkenntnisse bieten eine Grundlage, um zentrale Qualitätskriterien für die Entwicklung von Lehrformaten mit institutions- und berufsübergreifendem Ansatz abzuleiten.
Take Home Messages:
- Aktive Einbindung und Austausch der Lernenden sind entscheidende Faktoren für den Lernerfolg.
- Evaluation und Begleitforschung identifizieren Entwicklungschancen für die Lehrgestaltung und die Steigerung der interprofessionellen Kompetenzentwicklung.
Literatur
[1] Reeves S, Pelone F, Harrison R, Goldman J, Zwarenstein M. Interprofessional Collaboration to Improve Professional Practice and Healthcare Outcomes. Cochrane Database Syst Rev. 2017;6(6):CD000072. DOI: 10.1002/14651858.CD000072.pub3[2] Spaulding EM, Marvel FA, Jacob E, Rahman A, Hansen BR, Hanyok LA, Martin SS, Han HR. Interprofessional education and collaboration among healthcare students and professionals: a systematic review and call for action. J Interprof Care. 2019;35(4):612-621. DOI: 10.1080/13561820.2019.1697214
[3] Bergmann S, Giesler M. Evaluation interprofessioneller Lehrveranstaltungen mit FILE – Freiburger Fragebogen für Interprofessionelle Lernevaluation. In: Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Bern, 14.-17.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP6-429. DOI: 10.3205/16gma212