Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Fallbasiertes Lernen neu gedacht: Gestaltung und Evaluation eines standortübergreifenden Lehrformats am digitalen Whiteboard
Text
Zielsetzung: Im Rahmen des „Schwerpunktcurriculums Hessen|Land|Medizin (HeLaMed)“, welches Studierende auf eine hausärztliche Tätigkeit vorbereitet, sind u.a. hessenweite, standortübergreifende Lehrveranstaltungen vorgesehen. Ziel ist daher, im Sinne der digitalen Transformation, ein neues und ortsunabhängiges (hybrides) Lehrformat durch Einsatz eines Videokonferenzsystems und digitaler Whiteboards zu konzipieren und zu evaluieren. Dieses soll künftig im Rahmen der „HeLaMed“-Seminarreihe im klinischen Abschnitt des Medizinstudiums angewandt werden.
Die komplexen Themen „Differentialdiagnosen“ und das „Besprechen allgemeinmedizinischer Fälle“ können durch unterschiedliche Lehrmethoden vermittelt werden. In dem hier vorgestellten Format können die verschiedenen Fälle mithilfe digitaler Whiteboards in Gruppenarbeit an zwei Stationen im Seminarraum separat bearbeitet werden (Station 1: Anamnese und körperliche Untersuchung, Station 2: Diagnostik). Die Ergebnisse werden im Diskurs am Whiteboard zusammengeführt und das weitere Vorgehen, also die Ermittlung einer Verdachtsdiagnose sowie das Erstellen eines Therapieplans, gemeinsam erarbeitet. Anschließend werden besondere Aspekte der ländlichen Versorgung mit online zugeschalteten Mediziner*innen ländlicher Regionen besprochen. Um den Algorithmus der Diagnosestellung zu erlernen, werden die Studierenden Schritt für Schritt am Whiteboard durch für diesen Zweck konzipierte Screens geleitet (siehe Abbildung 1 [Fig. 1]). Im Anschluss können die Ergebnisse durch das integrierte Konferenzsystem geteilt und besprochen werden.
Abbildung 1: Beispielhafte Darstellung der designten Screens Die Abbildung zeigt beispielhaft das Layout der designten Screens mit der Aufgabenstellung zur Fallbearbeitung. Auf den Screens werden die Notizen der Studierenden festgehalten, um diese anschließend gemeinsam zu diskutieren.
Methoden: Die Evaluation der Usability des Lehrszenarios ist ein zentraler Aspekt dieser Studie. Die Datenerhebung erfolgt mittels der Thinking-Aloud-Methode sowie einer gezielten Befragung von Studierenden im klinischen Abschnitt des Medizinstudiums und von Ärzt*innen in Weiterbildung für Allgemeinmedizin (N=6) [1], [2]. Im Fokus der Betrachtung stehen neben den Basiskriterien Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit vor allem Layout, Terminologie, Verständnis und Navigation [3]. Anhand der Ergebnisse wird eine Modifikation der entwickelten Screens vorgenommen.
Ergebnisse: Auf der GMA-Jahrestagung werden neben der Umsetzung des Konzepts insbesondere die Ergebnisse dieser Studie präsentiert.
Diskussion: Nach Umsetzung der Optimierungsmaßnahmen ist der Roll-Out des neuen Seminarformats voraussichtlich für das Wintersemester 2025/26 geplant. Künftig soll dann eine Ausweitung auf alle medizinführenden Standorte Hessens erfolgen. Darüber hinaus ist langfristig eine umfassende Evaluation zur Gewinnung weiterer Daten im Hinblick auf den Lernerfolg des neuen Formats geplant.
Take Home Message: Durch Bearbeitung der Screens werden die Studierenden dazu angeregt, eine aktive Rolle einzunehmen und Lösungsansätze gemeinsam zu diskutieren. Welche Faktoren für eine erfolgreiche standortübergreifende Anwendung dieses Lehrkonzepts zu berücksichtigen sind, soll im weiteren Studienverlauf untersucht werden.
Literatur
[1] Lewis C. Using the ’thinking aloud’ method in cognitive interface design. New York: IBM T. J. Watson Research Center; 1982.[2] Niegemann HM, Domagk S, Hessel S, Hein A, Hupfer M, Zobel A. Kompendium multimediales Lernen. 2008. Berlin, Heidelberg: Springer; 2008. p.427-453.
[3] Gorshid GD, Mayer C, Rausch A, Seifried J. Das LUCA-Dashboard im Usability-Test – Eine gaze-cued retrospective Think-Aloud-Studie. In: Schumann S, Seeber S, Abele S, editors. Digitale Transformation in der Berufsbildung. Bielefeld: wbv; 2022. p.189-212.