Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Das frühe Z: Wofür Integration von Klinik und Grundlagen zum Studiengeginn?
2Universitätsklinikum Augsburg, III. Medizinische Klinik, Augsburg, Deutschland
3Universitätsklinikum Augsburg, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Augsburg, Deutschland
4Universitätsklinikum Augsburg, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Augsburg, Deutschland
5Universität Augsburg, Medizinische Fakultät, Lehrstuhl Physiologie, Augsburg, Deutschland
6Universitätsklinikum Augsburg, IV. Medizinische Klinik, Augsburg, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Grundlagenwissenschaftliche Kenntnisse werden als Voraussetzung für eine erfolgreiche klinische Entscheidungsfindung angesehen [1]. Der NKLM empfiehlt eine graduelle Zunahme klinischer Inhalte und eine Abnahme von Grundlageninhalten, die über das Medizinstudium hinweg integriert werden („Z-Curriculum“) [https://nklm.de/zend/menu]. Hierbei fokussieren sich die Beschreibungen auf ein kontextbasiertes Vertiefen von Grundlagen in höheren Semestern. Die andere Seite des „Z“, die oft geforderte „frühe klinische Verknüpfung“, wird als Selbstzweck verstanden [2]. Dieser Beitrag diskutiert die Funktion der frühen Integration klinischer und grundlagenwissenschaftlicher Inhalte anhand eines longitudinalen Lehrformats im Modellstudiengang Augsburg.
Methoden: Im Modul „Bewegung“ des 1. Semesters haben Studierende insgesamt 30 klinische Unterrichtseinheiten, die in inhaltlicher und zeitlicher Abstimmung mit den ebenfalls themenbezogen integrierten Grundlagenfächern in einem Flipped-Classroom-Format unterrichtet werden. Nach der Erstdurchführung 2019 und mehreren Anpassungen wurde nach dem WS 24/25 eine anonyme Erhebung unter den Studierenden mittels SoSciSurvey [https://www.soscisurvey.de/] durchgeführt.
Ergebnisse: Erste Analysen weisen darauf hin, dass Studierende den Mehrwert der frühen Integration von Grundlagen und Klinik weniger im konkreten Wissenszuwachs, sondern mehr in motivationalen Aspekten sehen. Sie führt demnach zu gesteigerter Motivation des Grundlagenstudiums, gesteigerter Vorfreude auf spätere Studienabschnitte und Begeisterung für die Medizin im Allgemeinen. Studierende scheinen dabei ausreichend reflektiert bezüglich der langfristigen Wissensretention: Sie nehmen die klinischen Inhalte als hochrelevant wahr, fühlen sich aber in den behandelten Themen noch nicht ausreichend sicher und wünschen sich eine spätere Wiederholung und Vertiefung. Dies deckt sich mit Berichten der Lehrkoordinator*innen der entsprechenden klinischen Fächer, die gelehrten Inhalte seien in späteren Semester nur unzureichend abrufbar.
Diskussion/Ausblick: Eine weiterführende Datenanalyse sowie qualitative Befragung der Studierenden und Lehrenden sind geplant. Da die meisten medizinischen Fakultäten in Deutschland kein vollumfänglich homogen integriertes Curriculum anbieten, sondern sich in verschiedenen Ausprägungen am Z-Curriculum orientieren, ist die Zielsetzung der klinischen Lehre im geringeren Umfang der ersten Jahre von hoher Relevanz. Sie ist distinkt von derjenigen der späteren Jahre, motivationale Aspekte scheinen im Mittelpunkt zu stehen. Lehre und Prüfungsformate sollten sich an diesen Zielen ausrichten.
Interpretation:
- Die Funktion der frühen Integration von klinischen und Grundlagen-wissenschaften liegt womöglich eher in motivationalen Aspekten denn in konkretem, langfristigen Wissenserwerb.
- Lehr- und Prüfungsformate in einem Z-Curriculum sollten sich entsprechend dieser Ziele ausrichten.
Literatur
[1] Finnerty EP, Chauvin S, Bonaminio G, Andrews M, Carroll RG, Pangaro LN. Flexner revisited: The role and value of the basic sciences in medical education. Acad Med. 2010;85(2):349-355. DOI: 10.1097/ACM.0b013e3181c88b09[2] Bundesministerium für Gesundheit. Masterplan Medizinstudium 2020. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit; 2017. Zugänglich unter/available from: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2017/170331_Masterplan_Beschlusstext.pdf