Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
A4-Konzept zur kritischen Beurteilung von Selbsttests – ein Beitrag der biomedizinischen Labordiagnostik zur Patientensicherheit
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Studierende der Biomedizinischen Labordiagnostik setzen sich im Bachelorstudium neben der klassischen Labordiagnostik auch mit „Selbst- und patientennaher Diagnostik“ in einem gleichnamigen Modul auseinander. Aus Sicht der Patientensicherheit ist die Gebrauchsanweisung (als Dokument bzw. Video) die wichtigste Quelle für eine qualitätsgesicherte Anwendung des Tests durch Laien. Die Qualität der Anleitungen verschiedener Selbsttests sollte anhand von wissenschaftlichen Kriterien untersucht und kritisch beurteilt werden.
Wie kann eine Lehrveranstaltung aufgebaut sein, die Studierende für die Qualität von Selbsttestungen durch Laien und deren Beitrag für die Patientensicherheit sensibilisiert?
Methoden: Nach einer theoretischen Einführung in das Thema Selbsttestung und Patientensicherheit konnten sich 49 Studierende im 3. Semester in 8 Kleingruppen verschiedenen Tests zuteilen. Sie mussten zunächst die Anleitung lesen (Schritt A1 – ANLESEN) und ein Video ANSCHAUEN (A2) und danach im Labor den entsprechenden Test AUSPROBIEREN (A3). Anhand der Vorgaben der WHO [1] sowie des CRAAP-Tests [2] wurden die Materialien AUSGEWERTET (A4). Die Studierenden fassten die Ergebnisse aller Schritte in einer studentischen Gruppenarbeit zusammen und erhielten dazu mündlich Feedback. Die Evaluation des Moduls erfolgte sowohl mittels Standardfragebogen als auch mündlich im Plenum. Die Inhalte wurden in der 60minutigen Abschlussklausur thematisiert.
Ergebnisse: Das A4-Konzept (siehe Abbildung 1 [Fig. 1]) wurde von allen Gruppen absolviert und alle Gruppen waren ausreichend vorbereitet auf die Labortestung. Aus ethischen Gründen wurden käuflich erworbene und getestete Untersuchungsmaterialien im Labor verwendet, was die Beurteilung der Präanalytik teilweise beeinflusste. Die eigene Durchführung wurde von den Teilnehmenden geschätzt, allerdings sollte das Feedback zur Zusammenfassung schriftlich erfolgen. Die Gruppengrösse war zu gross. An der Modulevaluation nahmen 11 von 49 Studierende teil, die Klausurergebnisse zeigten noch differenziert Wissenslücken in der Selbsttestung auf (Durchschnittsnote: 4.69, Skala 6-1).
Abbildung 1: A4-Konzept zur Beurteilung von labordiagnostischen Selbsttests (eigene Darstellung)
In einem aufeinander aufbauenden Verfahren wurden die Gebrauchsanweisungen von Selbsttest gelesen (A1), die Materialien sowie ein Video zur Testanleitung angeschaut (A2) und danach im Labor an Untersuchungsmaterial ausprobiert (A3). Die kritsche Beurteilung der Qualität erfolgt anhand von wissenschaftlichen Kriterien. Die Daten wurden zusammenfassend ausgewertet (A4).
Diskussion: Das dargestellte Konzept ist grundsätzlich für die kritische Auseinandersetzung mit Selbsttests und die Anbahnung wissenschaftlicher Kompetenzen geeignet. Insbesondere die Auseinandersetzung mit den CanMEDS-Rollen „Health Advocat“ und „Scholar“ [3] wird dabei gezielt in der Ausbildung von Biomedizinischen Labordiagnostiker*innen adressiert. Das vorgestellte Projekt hat Pilotcharakter und soll ab HS26 aufgrund der Evaluationsergebnisse angepasst werden. Es eröffnet Möglichkeiten, die studentischen Arbeiten für ein Feedback an die Hersteller zu senden oder auch anhand von weiterer wissenschaftlicher Literatur zu vertiefen. Grundsätzlich eignet es sich zudem für interprofessionelle Lernsituationen mit Studierenden der Human- und Veterinärmedizin sowie der Pflege, jedenfalls für die Sensibilisierung der Patientensicherheit.
Literatur
[1] World Health Organization (WHO). Technical Guidance Series (TGS) for WHO Prequalification – Diagnostic Assessment: Designing instructions for use for in vitro diagnostic medical devices. Geneva: WHO; 2017. Zugänglich unter/available from: https://extranet.who.int/prequal/sites/default/files/document_files/WHO_PQT-TGS5-201705.pdf[2] Universität Augsburg. Kriterien zur Bewertung von Informationsquellen. Augsburg: Universität Augsburg. Zugänglich unter/available from: https://infokompetenz.bibliothek.uni-augsburg.de/Medizin/kriterien_zur_berwertung_von_informationsquellen.html
[3] Kaap-Fröhlich S, Kachler M, Maschek C, Oberhauser H. Entwicklung eines Rollen-Kompetenz-Rahmens für die Biomedizinische Analytik in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ein Diskussionspapier. Pädag Gesundheitsberufe. 2016;2:45-56.