Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Qualitätskriterien für die Rollendarstellung von Simulationspersonen in der Medizin – Ergebnisse einer multizentrischen, qualitativ-explorativen Studie in Deutschland und der Schweiz
2Universität Bern, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
3Charité Universitätsmedizin, Prodekanat für Lehre, Berlin, Deutschland
4Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Klinisches Trainingszentrum, Oldenburg, Deutschland
5Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für die Ausbildung personaler und interpersonaler Kompetenzen im Gesundheitswesen, Witten, Deutschland
6Weckmann Institute of Medical and Healthcare Education, Rostock, Deutschland
7Universität zu Köln, Kölner Interprofessionelles Skills Lab und Simulationszentrum, Köln, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Bei der Arbeit mit Simulationspersonen (SP) in der gesundheitsbezogenen Ausbildung sind eine gute Rollendarstellung und deren Qualitätssicherung von großer Bedeutung. Mit dem MaSP [1] und dem NESP [2] existieren 2 Instrumente, die sich zum Teil auf die Evaluation der Rollendarstellung von SP konzentrieren, aber es mangelt an empirischer Forschung zur Qualität der Rollendarstellung. Unsere Forschungsziele waren daher,
- eine gute Rollendarstellung von SP aus der Perspektive verschiedener Interessengruppen zu beschreiben,
- Schlüsselkomponenten einer guten Rollendarstellung zu identifizieren und
- den vermuteten Einfluss der Rollendarstellung von SP auf das Erreichen von Lern- und Prüfungszielen zu untersuchen.
Methoden: Unter Verwendung von standardisierten Leitfäden wurden halbstrukturierte Interviews und Fokusgruppen mit Vertreter*innen der 4 Stakeholdergruppen Studierende, Dozierende, SP-Trainer*innen und SP durchgeführt. Die teilnehmenden Personen stammten von 9 akademischen Institutionen in Deutschland und der Schweiz, die Gesundheitsberufe ausbilden. Die Audiodaten wurden nach dem GAT 2-Schema transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring [3] ausgewertet. Die Analyse ist zum Großteil abgeschlossen und wird zum Zeitpunkt der Tagung final sein. Ein Ethikvotum wurde im Vorfeld eingeholt.
Ergebnisse: Es wurden insgesamt 7 Interviews und 1 Fokusgruppe je Stakeholdergruppe durchgeführt. Als relevante Kategorien für gute Rollendarstellung wurden u. a. eine realitätsnahe Präsentation der Krankheitssymptome benannt sowie eine Darstellung, die in Prüfungen das Erreichen der maximalen Punktzahl ermöglicht. Zudem zeichnet sich ab, dass formale Kriterien (z. B. Rollenwissen, Organisation der Einsätze) von schauspielerischen Aspekten (z. B. Improvisationsfähigkeit) und Persönlichkeitsmerkmalen der SP unterschieden werden. Bemerkenswert ist die Kategorie des „Fictional Contract“, die beinhaltet, dass gute Rollendarstellung keine solitäre Aufgabe der SP, sondern ein reziproker Prozess ist, der die Studierenden miteinschließt.
Diskussion: Die bisherige Auswertung zeigt, dass die Interpretation von Begriffen wie „Qualität“ oder „gute Darstellung“ je nach Perspektive der Stakeholder-Gruppen stark variieren kann. Während für Dozierende z. B. die Realitätsnähe relevanter zu sein scheint, steht für Studierende die Erreichbarkeit bestmöglicher Prüfungsergebnisse im Vordergrund. Die Qualität der Rollendarstellung basiert neben der schauspielerischen Leistung der SP u. a. auf guten Rollenskripten, guter Organisation und dem Commitment der Studierenden.
Take Home Messages:
- Gute Rollendarstellung ist ein komplexer, reziproker Prozess, an dem neben den SPs auch die Institution und die Studierenden beteiligt sind.
- Gute Rollendarstellung ist eine Frage der Perspektive.
- Gute Rollendarstellung hat Einfluss auf Lehr- und Prüfungsergebnisse.
Literatur
[1] Wind LA, van Dalen J, Muijtjens AMM, Rethans JJ. Assessing simulated patients in an educational setting: the MaSP (Maastricht Assessment of Simulated Patients). Med Educ. 2004;38(1):39-44. DOI: 10.1111/j.1365-2923.2004.01686.x[2] Bouter S, van Weel-Baumgarten E, Bolhuis S. Construction and validation of the Nijmegen Evaluation of the Simulated Patient (NESP): assessing simulated patients’ ability to role-play and provide feedback to students. Acad Med. 2013;88(2):253-259. DOI: 10.1097/ACM.0b013e31827c0856
[3] Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. Weinheim/Basel: Beltz Verlagsgruppe; 2010.