Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Förderung der interprofessionellen Identität im Neurologie-Praktikum: Eine randomisierte kontrollierte Studie
2Hochschule für Gesundheit, Bochum, Bochum, Deutschland
3Johannes Gutenberg University Mainz, Rudolf Frey Lernzentrum, Mainz, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Interprofessionelle Zusammenarbeit ist in der Neurologie essenziell, da sie nachweislich die Patientenversorgung verbessert. Dennoch gibt es bislang wenig Forschung zu interprofessionellen Ausbildungsformaten (interprofessional education, IPE) während des Neurologie-Praktikums. Ziel dieser Studie war es, zu untersuchen, wie sich eine kurze, strukturierte IPE-Intervention auf die interprofessionelle Identität von Medizinstudierenden auswirkt.
Methoden: Im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie nahmen 39 Medizinstudierende während ihres Neurologie-Praktikums entweder an einem 90-minütigen interaktiven IPE workshop oder einer nicht-interaktiven Kontrollsitzung teil. Die Evaluation erfolgte durch eine triangulierte Methodik, die sowohl Ergebnisse der Extended Professional Identity Scale (EPIS-G) als auch persönliche Reflexionen zu interprofessioneller Identität und den wahrgenommenen Herausforderungen und Chancen umfasste. Die Intervention wurde an den Prinzipien des FINCA-Frameworks ausgerichtet und deren Ergebnisse in Verbindung dazu diskutiert, um zentrale interprofessionelle Fähigkeiten wie Kommunikation, Teamarbeit und Entscheidungsfindung zu fördern.
Ergebnisse: Die IPE-Gruppe (n=27) zeigte signifikante Verbesserungen in allen Bereichen der interprofessionellen Identität gemäß der EPIS-G. Der Gesamtscore der EPIS-G verbesserte sich von 49.0 (±6.7) auf 56.5 (±3.8) (p<0.001). In der Kontrollgruppe (n=10) wurden keine signifikanten Veränderungen beobachtet. Am Ende des Workshops beantworteten die Studierenden Reflexionsfragen zu den wichtigsten Erkenntnissen für ihre zukünftige Praxis und zur Veränderung ihrer eigenen professionellen Identität. Die Mehrheit betonte die Bedeutung verbesserter interprofessioneller Kommunikation und erkannte den Mehrwert der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen. Viele berichteten von einer stärkeren Identifikation mit einer interprofessionellen Rolle und einem gewachsenen Bewusstsein für die Herausforderungen und Chancen berufsübergreifender Zusammenarbeit. Einige Studierende gaben zudem an, mehr Vertrauen in ihre Fähigkeit zur interprofessionellen Kooperation gewonnen zu haben. Als größte Herausforderungen wurden Kommunikationsbarrieren und begrenzte Ressourcen genannt, während alle Gruppen den Informationsaustausch als zentrale Chance hervorhoben. Verbesserte Patientenversorgung wurde ebenfalls von allen Gruppen unter die drei wichtigsten Chancen gereiht.
Diskussion: Unser Workshop konnte die interprofessionelle Identität von Medizinstudierenden stärken. Die Reflexionen der Studierenden verdeutlichen sowohl Herausforderungen als auch Chancen der interprofessionellen Zusammenarbeit und unterstreichen die Notwendigkeit nachhaltigerer und intensiverer IPE-Formate für langfristige kognitive Veränderungen. Diese Ergebnisse unterstützen eine gezielte Integration von IPE in die neurologische Ausbildung, um die interprofessionelle Zusammenarbeit systematisch weiterzuentwickeln.