Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Lernstrategieprofile in der Anatomie: Ein personenzentrierter Ansatz
2Universität Tübingen, Intitut für Klinische Anatomie und Zellanalytik, Tübingen, Deutschland
3Universität Bochum, Institut für Anatomie und Molekulare Embryologie, Bochum, Deutschland
4Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Integrative Neuroanatomie, Berlin, Deutschland
5Universität Ulm, Institut für Molekulare und Zelluläre Anatomie, Ulm, Deutschland
6Universität Würzburg, Institut für Anatomie und Zellbiologie, Würzburg, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Bisherige variablenzentrierte Studien zum Zusammenhang zwischen Lernstrategien und Studienerfolg in der Anatomie lieferten widersprüchliche Ergebnisse. Ein neuerer personenzentrierter Forschungsansatz untersucht stattdessen, wie Studierende verschiedene Lernstrategien kombinieren [1], [2].
Methoden: In dieser Studie wurden die Anatomie-Lernprofile (ALPs) von 567 Medizin- und Zahnmedizinstudierenden an sechs medizinischen Fakultäten analysiert, basierend auf deren selbstberichteten kognitiven, metakognitiven und ressourcenbezogenen Lernstrategien.
Ergebnisse: Mittels latenter Profilanalyse wurden vier charakteristische ALPs identifiziert: das aktive (26%), kollaborative (20%), strukturierte (39%) und passive Profil (15%). Die Profile basieren auf 13 verschiedenen Lernstrategien, die durch den LIST-K-Fragebogen ermittelt wurden. Die Wahl des Lernprofils wird sowohl von persönlichen als auch institutionellen Faktoren beeinflusst: Fortgeschrittene Studierende bevorzugten häufiger das kollaborative und seltener das strukturierte Profil. Jüngere und weibliche Studierende zeigten eine Präferenz für das strukturierte Profil, während ältere Studierende zum aktiven Profil neigten. In modularen Curricula war das kollaborative Profil stärker vertreten, in traditionellen Curricula dominierte das strukturierte Profil. Die Analyse der Prüfungsleistungen ergab, dass Studierende mit aktivem oder kollaborativem Profil bessere Ergebnisse erzielten als jene mit strukturiertem oder passivem Profil. Aktive Lerner zeichneten sich durch besonders hohe Motivationswerte aus – sowohl bei Selbstwirksamkeit als auch bei Wettbewerbs- und Zielorientierung. Interessanterweise erreichten Studierende mit kollaborativem Profil trotz geringerer Motivationswerte ähnlich gute Leistungen, was nahelegt, dass soziale Lernformen motivationale Defizite kompensieren können.
Diskussion: Diese Studie erweitert durch ihren personenzentrierten Ansatz das Verständnis studentischen Lernverhaltens in der anatomischen Ausbildung. Die Ergebnisse bieten eine fundierte Basis für die Entwicklung zielgerichteter didaktischer Maßnahmen, die an die individuellen Lernstrategiemuster der Studierenden angepasst sind.
Literatur
[1] Otto N, Böckers A, Shiozawa T, Brunk I, Schumann S, Kugelmann D, Missler M, Darici D. Profiling learning strategies of medical students: A person-centered approach. Med Educ. 2024;58(11):1304-1314. DOI: 10.1111/medu.15388[2] Odontides L, Scheiter K, Shiozawa T, Fischer MR, Kugelmann D, Berndt M. Influence of learning strategies and motivation on anatomy test performance of undergraduate medical students. Ann Anat. 2024;256:152320. DOI: 10.1016/j.aanat.2024.152320