Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Mobil unterstütztes Lernen in der klinischen Praxis – Entwicklung, Herausforderungen und Anforderungen aus multiplen Perspektiven
2Universität Duisburg-Essen, Medizinische Fakultät, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Deutschland
3Universität Duisburg-Essen, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Essen, Deutschland
4Universität Duisburg-Essen, Medizinische Fakultät, Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Essen, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Lernprozesse im klinischen Umfeld sind komplex und umfassen verschiedene Akteure, die am Lernprozess während der klinischen Praxis beteiligt sind. Lernaufgaben müssen in den klinischen Kontext eingebettet, unterstützt und überwacht werden. Dies erfordert ein strukturiertes Rahmenwerk für Lernprozesse und Supervision. Digitale Technologien können diesen Prozess erleichtern, erfordern jedoch eine angemessene Implementierung und müssen die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen [1], [2].
Methoden: Im Rahmen eines durch Erasmus+ geförderten Projekts wird eine mobile Applikation (App) für Smartphones entwickelt, um das Lernen in der klinischen Praxis zu unterstützen. Fokusgruppeninterviews wurden durchgeführt, um die Perspektiven aller Beteiligten einer medizinischen Fakultät – einschließlich Studierender, Lehrender, Lehrkoordinator*innen und IT-Spezialist*innen – zu erfassen. Die Auswertung erfolgte mittels thematischer Inhaltsanalyse nach Braun & Clarke [3].
Ergebnisse: Die Analyse zeigt hohe Erwartungen hinsichtlich der strukturellen und inhaltlichen Qualität sowie der Fähigkeit der App, Lernziele zu vermitteln und zu bewerten. Die Anwendung sollte standardisiert, hoch relevant für Lehre und Prüfung, unterstützend bei der Selbstorganisation, benutzerfreundlich und schnell bedienbar sein, eine zielgerichtete Kommunikation ermöglichen und den Übergang in die klinische Praxis erleichtern. Studierende erwarten die Möglichkeit, ihren Lernfortschritt zu verfolgen, und bevorzugen eine moderierte Nutzung im Patient*innenkontakt. Lehrende betonen die Notwendigkeit klarer Richtlinien, didaktischer Unterstützung und einer konkreten Einbindung in Lehrveranstaltungen. Bedenken bestehen hinsichtlich fehlender digitaler Kompetenzen, technischer Probleme, hoher Kosten und eines erheblichen Zeitaufwands.
Diskussion: Studierende zeigen insgesamt eine positive Einstellung zum mobilen Lernen [4] und nutzen es, um in der klinischen Praxis diagnostische und therapeutische Fragestellungen zu recherchieren. Für eine erfolgreiche curriculare und lehrveranstaltungsspezifische mobile Unterstützung in der klinischen Ausbildung müssen jedoch die Perspektiven der verschiedenen Akteure berücksichtigt werden. Die identifizierten Aspekte aus den Fokusgruppen bestätigen bestehende Empfehlungen der Literatur, erweitern sie um Erkenntnisse zur erfolgreichen curricularen Integration und verdeutlichen notwendige Schritte für eine breite Akzeptanz.
Take Home Message: Bei der Entwicklung und Implementierung einer mobilen App zur Lernunterstützung sind nicht nur eine hohe strukturelle und inhaltliche Qualität erforderlich, sondern auch eine moderierte Kommunikation und eine konkrete curriculare Integration mit hoher Relevanz für Lernziele und Prüfungen. Potenzielle Hindernisse wie begrenzte digitale Kompetenzen, technische Herausforderungen, nachhaltige Wartung und patientenbezogene Bedenken sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Literatur
[1] Payne KF, Wharrad H, Watts K. Smartphone and medical-related app use among medical students and junior doctors in the United Kingdom (UK): a regional survey. BMC Med Inform Decis Mak. 2012;12(1):121. DOI: 10.1186/1472-6947-12-121[2] Herbstreit S, Mäker D, Szalai C. My personalised App: A Tool for Improvement of Clinical Sessions. Usability and satisfaction of medical students. MedEdPublish. 2021;10:153. DOI: f10.15694/mep.2021-000153.1
[3] Braun V, Clarke V. Thematic analysis. In: Cooper H, Camic PM, Long DL, Panter AT, Rindskopf D, Sher KJ, editors. APA handbook of research methods in psychology, Vol. 2. Research designs: Quantitative, qualitative, neuropsychological, and biological. Worcester (MA): American Psychological Association; 2012. p.57-71. DOI: 10.1037/13620-004
[4] Robinson T, Cronin T, Ibrahim H, Jinks M, Molitor T, Newman J, Shapiro J. Smartphone use and acceptability among clinical medical students: A questionnaire-based study. J Med Syst. 2013;37(3):9936. DOI: 10.1007/s10916-013-9936-5