Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Blicksynchronisation im klinischen Training verbessert den Lernerfolg
2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Anaesthesiologie und Intensivmedizin, Hannover, Deutschland
3Havard University, Harvard Graduate School of Education, Cambridge (MA), USA
Text
Fragestellung/Zielsetzung: In Interaktionen haben Menschen die Eigenschaft ihre Blicke auf das selbe Objekt zu lenken, um eine geteilte visuelle Aufmerksamkeit („joint visual attention“) zu erzeugen [1]. Dieser Vorgang wird als Blicksynchronisation bezeichnet. Unklar ist, welchen Einfluss die Blicksynchronisation auf das Lernen hat.
Methoden: Mittels einer neuen dualen mobilen Eye-Tracking-Technologie untersuchten wir die Blickbewegungen von Lehrenden und Lernenden in einem Transösophageale Echokardiografie (TEE)-Training während einer OP-Simulation. In einem randomisierten-kontrollierten Design wurden dafür 29 Medizinstudierende ohne Vorerfahrung verblindet in zwei Gruppen unterteilt. Die Störgruppe (n=15) wurde unter anderem Gerätealarmen ausgesetzt, um die Blicksynchronisation experimentell zu reduzieren. Die Kontrollgruppe (n=14) konnte ohne Störungen trainieren. Ziel des Trainings war es, innerhalb von 10 Minuten vier verschiedene TEE Schnitte an einem Simulator zu erlernen. Der Lernende wurde dabei ohne Einschränkungen vom Lehrenden angeleitet und unterstützt. Auf Grundlage der Augenbewegungen während des Trainings berechneten wir, wie hoch die Blicksynchronisation (in % der Gesamtfixationen) war und wie diese mit der Leistung in einem anschließend durchgeführten OSCE zusammenhing.
Ergebnisse: Die Analyse der Eye-Tracking-Daten zeigte eine reduzierte Blicksynchronisation in der Störgruppe (Mittelwert=41.59%±6.89% (Standardabweichung) vs. 50.96%±10.59%; Bonferroni-korrigiertes t(27)=-2.84, p=0.008, Cohen’s d=1.06). Die verminderte visuelle Synchronisation führte zu messbaren Einbußen in der Lernleistung: Die praktische und visuelle Performanz im OSCE war schlechter (d=0.87 bzw. 0.62), die Bearbeitungszeiten verlängerten sich erheblich (d=2.05), und die selbstberichtete kognitive Belastung stieg an (d=1.09 und 1.04). Mediationsanalysen zeigten, dass der Zusammenhang zwischen Blicksynchronisation und Lernleistung vor allem indirekt über die Reduktion der kognitiven Belastung vermittelt wurde.
Diskussion: Die Ergebnisse unterstreichen, dass eine erfolgreiche Blicksynchronisation zwischen Lehrenden und Lernenden eine wichtige Voraussetzung für effektives Lernen in medizinischen Trainings darstellt. Diese Erkenntnisse betonen ferner die Bedeutung einer ungestörten Lernumgebung für Lernende ohne Vorwissen und deuten darauf hin, dass die Optimierung der Blicksynchronisation [2] ein vielversprechender Ansatz zur Verbesserung der Lehreffektivität sein könnte.
Literatur
[1] Lorenz J, Zevano J, Otto N, Schneider B, Papan C, Missler M, Darici D. Looking at social interactions in medical education with dual eye-tracking technology: A scoping review. MedEdPublish (2016). 2024;14:215. DOI: 10.12688/mep.20577.2[2] Darici D, Masthoff M, Rischen R, Schmitz M, Ohlenburg H, Missler M. Medical imaging training with eye movement modeling examples: A randomized controlled study. Med Teach. 2023;45(8):918-924. DOI: 10.1080/0142159X.2023.2189538