Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Einfluss von OSPE auf das Lernverhalten von MINT-Studierenden – eine longitudinale Studie im Rahmen einer erstmaligen Implementierung der Prüfungsform
Text
Zielsetzung: „Assessment drives learning“ ist für den Einfluss auf die in der Medizin etablierten, aber im MINT-Bereich fast unbekannte Prüfungsform Objective Structured Practical Examination (OSPE) auf Studierende der Gesundheitswissenschaften belegt [1]. Allerdings weisen einige Studien keinen positiven Einfluss dieser Prüfungsform auf das Lernverhalten nach oder zeigen gar einen gegenteiligen Effekt auf die Studierenden [2]. Die widersprüchlichen Daten deuten darauf hin, dass der Einfluss von OSPE auf das Lernen der Studierenden multifaktoriell ist. Die Untersuchung des Einflusses von OSPEs auf das Lernverhalten von Studierenden, für die OSPE eine neue Prüfungsform darstellt, kann somit weitergehende Erkenntnisse liefern. Daher wird im Rahmen der erstmaligen Implementierung eines OSPEs für MINT-Studierende deren Lernverhalten im zeitlichen Verlauf der Prüfungsvorbereitung untersucht.
Methoden: MINT-Studierenden werden an der RWTH Aachen in dem Fach „Einführung in die Medizin“ (2 Sem., 2 SWS) neben medizinischem Grundwissen auch praktische Fähigkeiten sowie interpersonelle und interdisziplinäre Kompetenzen vermittelt. Um kompetenzbasiertes Prüfen zu ermöglichen, wird die Prüfungsform OSPE erstmalig in diesem Fach im Rahmen der Förderung Freiraum 2023 (StIL) implementiert. Bei Beginn der Veranstaltung im Wintersemester 2024 wurde den Studierenden die Prüfungsform OSPE erklärt. Das Lernverhalten der Studierenden wird in einer prospektiven, longitudinalen Studie mittels Online-Umfragen semesterbegleitend erfasst. Die Daten zu den verwendeten Lernressourcen und der Lernzeit der Studierenden werden quantitativ mit geschlossenen Fragen erhoben. Der zeitliche Verlauf der angewandten Lernmethoden sowie die damit verbundenen Ziele werden qualitativ erfasst, um Veränderungen in der Qualität des Lernens zu monitoren.
Ergebnisse: Die bisherigen Online-Umfragen erzielten eine mittlere Rücklaufquote von 35,3% der erwarteten Prüfungsteilnehmenden. Die Umfragen werden im zweiten Semester der Veranstaltung ab April 2025 fortgesetzt. Wir erwarten eine Veränderung der genutzten Lernmethoden mit einer Zunahme der Anwendung des Tiefenlernens und des strategischen Lernens. Es ist zu erwarten, dass die Studierenden im Zuge dessen auch ihre genutzten Lernressourcen diversifizieren. Insbesondere erwarten wir dies als messbare Reaktion auf die geplante Hörsaal-Demonstration einer OSPE-Station im April 2025. Zudem erwarten wir im zeitlichen Verlauf eine Zunahme der Lernzeit. Die Durchführung des OSPEs ist für Ende August 2025 terminiert.
Diskussion: Für MINT-Studierende stellt die für sie neuartige Prüfungsform OSPE eine Herausforderung dar und kann das Lernverhalten im zeitlichen Verlauf der Prüfungsvorbereitung erheblich beeinflussen. Es kann sich als wichtig erweisen, Prüfungen bereits in Grundlagenfächern kompetenzorientiert zu gestalten, um über den Einfluss auf das Lernen von Studierenden eine nachhaltige Basis für die weitere medizinische Ausbildung zu schaffen.
Literatur
[1] Lafleur A, Côté L, Leppink J. Influences of OSCE design on students’ diagnostic reasoning. Med Educ. 2015;49(2):203-214. DOI: 10.1111/medu.12635[2] Rudland J, Wilkinson T, Smith-Han K, Thompson-Fawcett M. “You can do it late at night or in the morning. You can do it at home, I did it with my flatmate.” The educational impact of an OSCE. Med Teach. 2008;30(2):206-211. DOI: 10.1080/01421590701851312