Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Lehrtätigkeit als Entrustable Professional Activitiy betrachten – welche Faktoren beeinflussen das Anvertrauen? Ergebnisse qualitativer Interviews aus hausärztlichen Lehrpraxen
2Charité – Universitätsmedizin, Dieter Scheffner Fachzentrum für medizinische Hochschullehre und evidenzbasierte Ausbildungsforschung, Berlin, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Es wird zunehmend diskutiert, auch Lehrtätigkeiten als Entrustable Professional Activity (EPA) zu betrachten, um eine qualitativ hochwertige Lehre sicherzustellen [1]. Beispielhafte EPAs in diesem Kontext sind das Halten einer Vorlesung, aber auch die Supervision von Ärzten*innen in Aus- oder Weiterbildung. Während es für das Anvertrauen klinischer EPAs Modelle gibt, die die Faktoren, die das Anvertrauen beeinflussen betrachten, gibt es zum Anvertrauen von Lehrtätigkeiten noch offene Fragen [2].
In hausärztlichen Lehrpraxen werden häufiger Ärzt*innen in Weiterbildung (ÄiW) in die Studierendenbetreuung eingebunden [3]. In diesem Setting untersuchten wir, welche Faktoren beeinflussen, in wie fern ÄiWs die Supervision der Studierendenanvertraut wird.
Methoden: Von Oktober bis Dezember 2023 wurden qualitative Interviews mit ÄiW und ihren jeweiligen Weiterbildungsbefugten (WBB) in hausärztlichen Lehrpraxen durchgeführt. Ergebnisse zur Akzeptanz im Praxisalltag wurden bereits veröffentlicht [3]. Faktoren, die die Entscheidung des Anvertrauens untersuchten, wurden mit der thematischen Analyse nach Braun und Clarke und mit Unterstützung der MAXQDA Software untersucht.
Ergebnisse: Interviews mit 8 ÄiW und 8 WBB wurden durchgeführt und ausgewertet. Es wurden Faktoren berichtet, die sich auf
- die WBB,
- die ÄiW,
- die Beziehung zwischen ÄiW und WBB,
- die Lehraufgabe,
- den Kontext und
- das wahrgenommene Risiko
bezogen.
Bei der Lehraufgabe spielten sowohl die zu unterrichtenden Studierenden, als auch Patient*innen und Beratungsanlässe bzw. die Art der durchgeführten Untersuchung eine Rolle. Besonders häufig wurden Faktoren genannt, die sich auf den spezifischen Praxiskontext bezogen. ÄiW nannten weniger Faktoren als WBB die aus ihrer Perspektive das Anvertrauen beeinflussten. Sie benannten fast ausschließlich Faktoren, die sich auf den Kontext und das wahrgenommene Risiko beziehen.
Diskussion: Beim Anvertrauen von Studierendenbetreuung im Setting von hausärztlichen Lehrpraxen spielen vergleichbare Faktoren eine Rolle, die auch das Anvertrauen von klinischen EPAs beeinflussen. Kontextfaktoren werden häufig berichtet und scheinen die Entscheidungen besonders zu prägen. ÄiW berichten weniger Aspekte, vermutlich, weil das Anvertrauen selten klar benannt und begründet wird.
Take Home Message: Beim Anvertrauen von Lehrtätigkeiten finden sich in dieser Untersuchung ähnliche Faktoren, die das Anvertrauen von klinischen EPA beeinflussen. Eine strukturiertere Betrachtung diese Faktoren bei der Anvertrauensentscheidung könnten die wahrgenommenen Risiken des selbständigen Unterrichtens weiter minimieren.
Literatur
[1] van Bruggen L, van Dijk EE, van der Schaaf M, Kluijtmans M, Ten Cate O. Developing entrustable professional activities for university teachers in the health professions. Med Teach. 2022;44(4):425-432. DOI: 10.1080/0142159X.2021998402[2] Schumann M, Peters H. Teacher entrustability in medical education: Navigating a complex landscape. Med Teach. 2025;47(2):368-369. DOI: 10.1080/0142159X.2024.2334384
[3] Gehrke-Beck S, Sonntag U, Schubert T, Madzharov M, Huenges B. Student supervision by trainee doctors in GP teaching practices: Win-win situation or additional burden? An interview study on current practices and acceptance. GMS J Med Educ. 2024;41(4):Doc46. DOI: 10.3205/zma001701