Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Was wissen Studierende der Humanmedizin über die Digitalisierung des Gesundheitswesens? Wissen und Vorbereitung auf die digitale Transformation
2Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg, Medizinische Fakultät, TPG – Innovationsregion für digitale Transformation der Pflege und Gesundheitsversorgung, Halle (Saale), Deutschland
3Universitätsmedizin Halle (Saale), Halle (Saale), Deutschland
Text
Fragestellung: Das longitudinale Curriculum „Digitalisierung in der Medizin“ an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg umfasst Lehrveranstaltungen im 2. und 5. Semester und verfolgt das Ziel, Medizinstudierende auf die digitale Transformation des Gesundheitswesens vorzubereiten. Es zeigte sich, dass Studierende die Inhalte zweier Praktika, die im Rahmen des Curriculums absolviert werden, als berufsrelevant einstufen und bei eher geringer Vorerfahrung einen subjektiven Wissenszuwachs berichten [1]. Unklar bleibt jedoch,
- inwieweit ein objektiv messbarer Wissensstand erreicht wird und
- wie dieser mit der subjektiven Wahrnehmung korreliert.
Zudem wird die Frage gestellt,
- welche Faktoren mit der wahrgenommenen Vorbereitung auf die digitale Transformation zusammenhängen.
Methoden: Studierende des 5. Semesters Humanmedizin wurden im Wintersemester 2024/2025 vor und nach dem Praktikum befragt. Der objektive Wissensstand wurde anhand von MC-Fragen zu zwei Zeitpunkten erhoben (vorher: 5 Fragen zu Inhalten des Praktikums im 2. Semester, nach Kursende: 4 Fragen zum aktuellen Praktikum). Am Ende des Kurses bewerteten die Teilnehmenden zudem auf einer fünfstufigen Likert-Skala die subjektive Wissensvermittlung, ihre Vorerfahrungen, die berufliche Relevanz der vermittelten Inhalte sowie ihre wahrgenommene Vorbereitung auf die digitale Transformation. Es wurden Häufigkeits-, Korrelations- und Regressionsanalysen durchgeführt.
Ergebnisse: Es haben n=197 Studierende an dem Wissenstest vor dem Kurs teilgenommen (Rücklaufquote 93%). Die Stichprobe nach dem Kurs umfasste n=125 Studierende (Rücklaufquote 59%).
- In den Wissenstests erreichten die Studierenden im Mittel 82% der möglichen Punkte. 54% der Wissenstests wurden vollständig korrekt beantwortet. Unterschiede zwischen den Erhebungszeitpunkten gab es nicht (p>.05).
- Korrelationen zwischen den Ergebnissen im Wissenstest und dem wahrgenommenen Wissenszuwachs konnten nicht nachgewiesen werden.
- Studierende, die in den Kursen AR/VR und Big Data einen höheren Wissenszuwachs wahrnahmen, gaben an, sich besser auf die digitale Transformation vorbereitet zu fühlen (p<.05). Auch eine höhere Vorerfahrung im Bereich Künstliche Intelligenz ging mit einem stärkeren Gefühl der Vorbereitung einher (p<.05; korrigiertes R2=.22, F(1, 92)=11,4, p=0.001).
Diskussion: Es zeigte sich, dass Studierende in den Praktika zur Digitalisierung Wissen erwerben, dass sie über einen Zeitraum von drei Semestern behalten. Der fehlende Zusammenhang zwischen objektivem Wissen und subjektivem Wissenserwerb entspricht bestehenden Befunden (z. B. [2]) und deutet auf eine Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und tatsächlichem Wissenserwerb hin. Die Befunde unterstreichen zudem den Mehrwert innovativer Lehrformate, die nicht nur kognitives Wissen vermitteln, sondern auch einen relevanten Beitrag leisten für die erfolgreiche Vorbereitung auf die digitale Transformation im Gesundheitssystem.
Literatur
[1] Bosch J, Ludwig C, Stoevesandt D, Franze M. Das longitudinale Digitalisierungscurriculum an der medizinischen Fakultät der MLU Halle-Wittenberg: Aufbau und erste Ergebnisse. In: Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ). Freiburg, Schweiz, 05.-09.08.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV-01-02. DOI: 10.3205/24gma002[2] Radecki C, Jaccard J. Perceptions of knowledge, actual knowledge, and information search behavior. J Exp Soc Psychol. 1995;31(2):107-138. DOI: 10.1006/jesp.1995.1006