Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Longitudinal Integrierte Clerkships als Konzept zur klinischen Ausbildung Medizinstudierender – Erkenntnisse aus dem ersten LIC in Deutschland
2Universität Witten/Herdecke, Integriertes Begleitstudium Anthroposophische Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Witten, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Das Gesundheitssystem steht vor tiefgreifenden strukturellen Veränderungen: Chronische Erkrankungen, Multimorbidität und die Ambulantisierung der Versorgung erfordern eine Anpassung der medizinischen Ausbildung [1]. Traditionelle Blockpraktika werden diesen Anforderungen immer weniger gerecht und vernachlässigen die aktive Rolle, die Studierende in der Patient*innenbetreuung spielen können [2]. Das sogenannte Longitudinal Integrated Clerkship (LIC) bietet eine Möglichkeit Studierende in die kontinuierliche Patient*innenversorgung zu integrieren und sie gleichzeitig besser auf die moderne ärztliche Praxis vorzubereiten [3].
Methoden: Zum Wintersemester 2024/25 startete an der Universität Witten/Herdecke das Pilotprojekt „UWH LIC“. 11 Studierende absolvieren ihr erstes klinisches Jahr in einem longitudinalen Modell. Über 7 Monate hinweg begleiten sie Patient*innen aus Innerer Medizin, Chirurgie, Notfallmedizin und Allgemeinmedizin. Fächer wie Pharmakologie, Radiologie, Klinische Chemie, Kommunikation und Professionelle Identitätsbildung wurden ebenfalls integriert. Das Curriculum und das Projekt wurden gemeinsam mit den Studierenden entwickelt und umgesetzt. Zusätzlich wurde ein wöchentlicher Kurs zu transformativer Bildung und Qualitätsverbesserung eingeführt. Einige Studierende waren zudem als Mitglieder des LIC-Projektteams beteiligt. Die Evaluation erfolgt mittels einer Mixed-Methods-Analyse, die quantitative Daten aus standardisierten Fragebögen und qualitative Daten aus Interviews und Fokusgruppen erhebt. Nach Abschluss des LIC werden zudem die Prüfungsergebnisse der Studierenden mit denen der traditionellen Blockausbildung verglichen.
Ergebnisse: Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sich drei vielversprechende Vorteile der Studierendenbeteiligung in der Patientenversorgung im LIC herauskristallisiert haben: ergänzende Beratung der Patient*innen, unterstützende Begleitung bei Eingriffen und langfristige Betreuung chronisch Kranker. Weitere Ergebnisse der Befragung der Studierenden werden bis zur GMA-Tagung vorliegen.
Diskussion: Das UWH LIC untersucht, ob longitudinale Ausbildung mit Studierenden als Mitgestaltende traditionelle Blockrotationen ersetzen oder ergänzen kann. Neben der Analyse der Studierendenzufriedenheit, akademischer Leistungen und klinischer Erfahrungen im Vergleich zu traditionellen Blockpraktika wird erforscht, inwieweit Studierende eigenständig zur Patient*innenversorgung beitragen können. Erste Ergebnisse der Pilotierung zeigen vielversprechende Ansätze für die Weiterentwicklung des Modells im deutschen Medizinstudium.
Take Home Message: Das UWH LIC ist das erste longitudinale Curriculum in Deutschland mit einem Fokus auf Studierenden als Mitgestaltende. Die Pilotstudie untersucht, ob dieses Modell eine zukunftsfähige Alternative zur traditionellen klinischen Ausbildung darstellt und Studierende aktiv in die Gesundheitsversorgung integriert.
References
[1] Busse R, Blümel M. Germany: Health system review. Health Syst Transit. 2014;16(2):1-296, xxi.[2] Scheffer C, Valk-Draad MP, Tauschel D, Büssing A, Humbroich K, Längler A, Zuzak T, Köster W, Edelhäuser F, Lutz G. Students with an autonomous role in hospital care – patients perceptions. Med Teach. 2018;40(9):944-952. DOI: 10.1080/0142159X.2017.1418504
[3] Hirsh DA, Ogur B, Thibault GE, Cox M. “Continuity” as an organizing principle for clinical education reform. N Engl J Med. 2007;356(8):858-866. DOI: 10.1056/NEJMsb061660