Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Die selbsteingeschätzte Fachkompetenz bayerischer Humanmedizinabsolvent*innen: Wie unterscheidet sich die Fachkompetenz von Absolvent*innen aus drei Erhebungswellen der Absolventenstudie MediBAS unter Berücksichtigung von Geschlecht und Migration?
2LMU München, Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie, München, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Die Vermittlung und Erfassung von Kompetenzen ist eine zentrale Aufgabe des Medizinstudiums. Die fachliche Selbsteinschätzung der Medizinabsolvent*innen ist eine Methode der Kompetenzerfassung und für die eigenständige ärztliche Berufsausübung von großer Relevanz. Einflüsse von Geschlecht und Migration auf die Selbsteinschätzung werden vielfach heterogen beschrieben [1], [2]. Die Bayerische Absolventenstudie Medizin (MediBAS) befragt die Absolvent*innen der fünf medizinischen Fakultäten in Bayern nach Studienabschluss u. a. zu den im Studium erworbenen Kompetenzen. Die Studie soll folgende Fragestellungen beantworten:
- Unterscheidet sich die selbsteingeschätzte Fachkompetenz der Absolvent*innen zwischen den drei Erhebungswellen?
- Gibt es Unterschiede in der Fachkompetenz im Hinblick auf das Geschlecht und die Migration?
Ziel der Untersuchung ist es, anhand der Ergebnisse Vorschläge zur Weiterentwicklung der Curricula abzuleiten.
Methoden: Es liegen insgesamt drei MediBAS-Erhebungswellen vor: 2015/16 (N=479), 2018/19 (N=613) und 2022/23 (N=501). Im MediBAS-Fragebogen wurde die Fachkompetenz mit den 13 Items der Subskala „Fachkompetenz“ des Freiburger Fragebogens zur Erfassung von Kompetenzen in der Medizin erhoben [3]. Jedes Item wurde mittels einer fünfstufigen Likert-Skala abgefragt. Es wurde aus vollständig vorliegenden Datensätzen ein Gesamtskalenmittelwert aus allen 13 Items gebildet (N=1476). Zur Beantwortung der Fragestellungen wurde eine mehrfaktorielle ANCOVA gerechnet.
Ergebnisse: Die Fachkompetenz unterscheidet sich zwischen den Wellen minimal jedoch statistisch signifikant (F(2,1474)=5,85, p=,003, η2=,008). Die mehrfaktorielle ANCOVA für jede Welle ergab, dass Migration und Geschlecht bei Kontrolle der Variable „Zufriedenheit mit dem Studium“ in keiner Welle einen signifikanten Einfluss auf die selbsteingeschätzte Fachkompetenz haben.
Diskussion: Obwohl in der Literatur oft diskutiert, konnten in der MediBAS-Stichprobe keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern und Absolvent*innen mit und ohne Migrationshintergrund hinsichtlich der selbsteingeschätzten Fachkompetenz festgestellt werden. Gleichzeitig zeigten die Ergebnisse, dass die Zufriedenheit mit dem Studium einen signifikanten Einfluss auf die fachliche Selbsteinschätzung hat.
Take Home Messages:
- Die Validität der fachlichen Selbsteinschätzung kann dadurch unterstrichen werden, dass keine Unterschiede in der Selbsteinschätzung der Fachkompetenz nach Geschlecht und Migration gefunden wurden.
- Der Einfluss der Zufriedenheit im Studium auf die Fachkompetenz deutet darauf hin, dass die fakultätsspezifischen Curricula und Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle bei der subjektiven Einschätzung der Fachkompetenz spielen.
- Um in Zukunft eine differenziertere Charakterisierung der Personengruppe „mit Migrationshintergrund“ zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, den MediBAS-Fragebogen um die Variable „Muttersprache“ und das Konstrukt „Sozioökonomischen Status“ zu erweitern.
References
[1] Zuckerman M, Li C, Hall JA. When men and women differ in self-esteem and when they don‘t: A meta-analysis. J Res Person. 2016;64:34-51. DOI: 10.1016/j.jrp.2016.07.007[2] Woolf K, Potts HWW, McManus IC. Ethnicity and academic performance in UK trained doctors and medical students: systematic review and meta-analysis. BMJ. 2011;342:d901. DOI: 10.1136/bmj.d901
[3] Giesler M, Forster J, Biller S, Fabry G. Development of a questionnaire to assess medical competencies: Reliability and validity of the Questionnaire. GMS Z Med Ausbild. 2011;28(2):Doc31. DOI: 10.3205/zma000743