Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Zur Notwendigkeit, Aufgabenklassifikationen auf eine solide methodologische Basis zu stellen!
Text
Hintergrund: Die Thematik der Klassifikation von Prüfungsaufgaben gehört zu den grundlegendsten Themen im Ausbildung- und Prüfungswesen. Doch kaum ein Thema in der einschlägigen Forschung scheint ohne eine – auch halbwegs – solide methodologische Grundlage auszukommen, wie die üblichen, routinegewordenen konsensbasierten Praktiken der Aufgabenklassifikationen. So stellt die Entwicklung methodologisch solider Prinzipien für Aufgabenklassifikationen, nicht zuletzt in der medizinischen Ausbildungs- und Prüfungsforschung, ein Forschungsdesiderat dar.
Fragestellung/Zielsetzung: In unserem Beitrag gehen wir der Frage nach der Relevanz, der Zweckbindung und dem Wesen von Aufgabenklassifikationen nach. Mit der Klärung dieser grundlegenden Fragen und mit der Einsicht, dass konsensbasierte Aufgabenklassifikationen nicht regelhaft und im großen Umfang unpraktikabel sind, verfolgen wir das Ziel, die Praxis der Aufgabenklassifikationen auf eine tragfähige methodologische Basis zu stellen. Unser Hauptaugenmerk gilt dabei der Erstellung eines Regelwerks für Aufgabenklassifikationen, das sich an den Prinzipien der empirischen Methodologie hält und deren Gütekriterien Genüge tut.
Methoden: Aufgaben zu klassifizieren ist dem Wesen nach und in methodischer Hinsicht „Inhaltsanalyse“ deduktiver Prägung. Die Grundstruktur unseres inhaltsanalytischen Regelwerkes für Aufgabenklassifikationen bildet ein deduktiv gebildetes Kategorienschema. Es umfasst formale wie inhaltliche Strukturmerkmale der Aufgabentexte und ermöglicht es, die relevanten Aufgabenmerkmale zu unterschiedlichsten Verwendungszwecken (z.B. Entsprechung von Blueprints, Lehrevaluation, Messung von Lernoutcomes und nicht zuletzt Validitätsstudien) zu identifizieren und reliabel zu erfassen.
Ergebnisse: Zu den erfassten manifesten und latenten Aufgabeneigenschaften gehören u.a.: das Aufgabenformat, der Aufgabentyp, Fragenvorspann (klinisch vs. nicht-klinisch), Aufgabenzusatz (Bild, Grafik, Formel, etc.), Fachbezug, Kompetenztiefe (Taxonomie). Das Kernelement des Regelwerkes bilden die Operationalisierungen der Kategorien und deren Ausprägungen, insbesondere die Regeln, nach denen die latenten Aufgabeninhalte klassifiziert werden. Die Reliabilität des erstellten Klassifikationsregelwerkes und die Validität der Klassifikationsergebnisse werden z. Z. in einer Pilotstudie überprüft, um die erzielten Erkenntnisse in die Überarbeitung und Präzisierung der endgültigen Klassifikationsregeln einfließen zu lassen.
Schlussfolgerung und Diskussion: Konsensbasierte Aufgabenklassifikationen sind im großen Stil praxisfern, ihre Aussagekraft ist wegen fehlender methodologischer Grundlage limitiert. Sie genügen den Gütekriterien eines methodischen Vorgehens nicht, sind nicht reproduzierbar. Die Lösung des Dilemmas besteht in der Aufstellung von auf Reliabilität überprüfbaren, auf Validität der Klassifikationsergebnisse ausgerichteten Regelwerken.