59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Einstellungen von Hausärzten/-ärztinnen und Gesundheitsfachberufen zu Patientenkonsultationen durch Gesundheitsfachberufe in der Hausarztpraxis – Ergebnisse einer Querschnittsbefragung in zwei Bundesländern
Text
Hintergrund: Delegation hausärztlicher Aufgaben an Gesundheitsfachberufe (kurz MFA+) in der Hausarztpraxis wird als eine Möglichkeit diskutiert, die zukünftige flächendeckende hausärztliche Versorgung sicherzustellen.
Zielsetzung/Fragestellung: Welche Einstellungen haben Hausärztinnen (HÄ) und MFA+ gegenüber Patientensprechstunden durch MFA+ (MFA+Sprechstunden)?
Material und Methoden: Zwischen September 2023 und November 2024 wurde eine Querschnittsbefragung unter HÄ und MFA+ in Sachsen-Anhalt und Sachsen durchgeführt. Ein selbstentwickelter, pregetesteter Fragebogen erhob die Einstellungen zu MFA+Sprechstunden, delegierbare Erkrankungen für die MFA+Sprechstunden sowie soziodemografische und praxisbezogene Merkmale. Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver, bivariater und multivariater Analysen.
Ergebnisse: Von 2071 kontaktierten Hausarztpraxen nahmen 437 HÄ und 339 MFA+ teil (Rücklaufquote 21,1%). Eine Mehrheit der HÄ (61,7%) und MFA+ (61,2%) zeigte sich offen gegenüber MFA+-Sprechstunden. Dabei gaben 12,9% der HÄ und 6,2% der MFA+ an, bereits eine MFA+Sprechstunde delegiert bzw. selbstständig durchgeführt zu haben. Chronische Wunden, Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie wurden am häufigsten als geeignete Erkrankungen für MFA+Sprechstunden genannt. Multivariate Analysen zeigten, dass HÄ mit vorheriger (OR 5,34 [95% KI 2,29–12,46]) und insbesondere positiver Delegationserfahrung (OR 5,88 [95% KI 3,01–11,48]) signifikant offener für MFA+Sprechstunden waren als HÄ ohne Delegationserfahrung. Eine geringere Offenheit zeigten HÄ in städtischen Regionen (OR 0,44 [95% KI 0,22–0,88]) sowie HÄ aus Einzelpraxen (OR 0,41 [95% KI 0,20–0,83]). MFA+ waren eher bereit, MFA+Sprechstunden zu übernehmen, wenn sie positive Delegationserfahrungen (OR 3,03 [95% KI 1,12-8,18]) oder eine Weiterbildung zur VERAH/NäPa (OR 3,50 [95% KI 1,44-8,51]) hatten.
Diskussion: Etwa zwei Drittel der HÄ und MFA+ berichteten Offenheit gegenüber einer MFA+ Sprechstunden. Zukünftige Pilotprojekte sollten Evidenz für die Implementierung, Nichtunterlegenheit zur Sprechstunde durch HÄ und unter Beachtung der Patientensicherheit erbringen, wobei unsere Daten zu von HÄ und MFA+ delegierbare Erkrankungen konkrete Startpunkte bilden.
Take Home Message für die Praxis: MFA+Sprechstunden werden in Teilen bereits praktiziert, wobei Vorerfahrung mit Delegation, ländliche Praxislage und Abschluss als VERAH/NäPa begünstigende Faktoren für Offenheit sind.