Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
„Gesundheitsförderung im Interprofessionellen Kontext“: Vorstellung und Evaluation eines interprofessionellen Moduls am Departement Gesundheit der Berner Fachhochschule
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Interprofessionelle Zusammenarbeit (IPZ) ist ein Schlüssel zu einem besseren Gesundheitssystem in einer zunehmend komplexen Versorgungsrealität. Interprofessionelle Lehre (IPL) hat das Potential, Studierende (STU) auf eine kollaborative Praxis vorzubereiten [1], wobei besonders handlungsbasierte Methoden wie Projektarbeit ein realitätsnahes Training ermöglichen [2]. Am Department Gesundheit der Berner Fachhochschule (BFH) besuchen STU der BSc-Studiengänge Ernährung & Diätetik, Hebamme, Physiotherapie und Pflege drei Interprofessionelle (IP) Module à je 4 ECTS. Ziel ist es das dritte Modul darzustellen und zu evaluieren.
Methoden: Im dritten IP-Modul «Gesundheitsförderung im interprofessionellen Kontext» (GIK) im 6. Semester planen und realisieren STU in Gruppen von 8-12 Personen Projekte zur Gesundheitsförderung und Prävention. Die Projekte werden in Zusammenarbeit mit Partnerschaften aus der Praxis (PP) durchgeführt. Jede Gruppe wird von einer Lehrperson begleitet. Nach Abschluss evaluieren die STU das Modul, die „Skala zur Erfassung von Wissensintegrationsproblemen in interdisziplinären Projektteams (WIP)“ [3], die IPZ und die Teamleistung anonymisiert anhand einer Likert-Skala.
Ergebnisse: Das Modul wurde 2024 zum zweiten Mal durchgeführt, zuletzt mit 282 STU. Als PP haben Schulen und Organisationen aus den Bereichen Gesundheit und Soziales, Strafvollzug und Migration mitgewirkt. Entstanden sind Workshops, Lernvideos, Handlungsempfehlungen und Broschüren. Positiv bewertet wurden der praktische Ansatz, die Qualität der IPZ, die Teamleistung und die Wissensintegration. Kritisch beurteilt wurde die Möglichkeit, von STU anderer Professionen zu lernen und die Eignung einzelner Projekte für eine interprofessionelle Herangehensweise.
Diskussion: Das Modul „GIK“ wurde erfolgreich durchgeführt und zeigt eine hohe Akzeptanz bei den PP. Über 80% der PP für 2025 sind bereits zum dritten Mal dabei. Der handlungsbasierte Ansatz wird von den STU geschätzt und bietet eine gute Grundlage für effektives IPZ-Training [2]. Allerdings wird die Möglichkeit, voneinander zu lernen, als gering eingeschätzt. Komplexe Übungsfelder, die eine breit angelegte IPZ und gemeinsame Entscheidungen erfordern sind für IPL besonders geeignet [2]. Die PP definieren die Projektaufträge massgeblich mit, wodurch nicht alle diese Voraussetzungen erfüllen. Auch der Einfluss der Gruppendynamik sowie die Zeit für Lern- und Reflexionsprozesse sind in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen [2]. Insgesamt zeigt sich eine gute Umsetzbarkeit, mit Bedarf nach verstärkter Aufmerksamkeit bei den Projektaufträgen sowie der Gruppendynamik und Begleitung.
Take Home Message: Anwendungsorientierte IPL wird von den STU geschätzt und ist auch mit großen Kohorten umsetzbar. Die Schnittstelle zur Praxis bietet ein ideales Übungsfeld, das jedoch thematisch sehr bewusst gewählt und eng begleitet werden muss. Unter diesen Voraussetzungen ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten möglich.
References
[1] World Health Organization. Framework for Action on Interprofessional Education & Collaborative Practice. Geneva: WHO; 2010. Zugänglich unter/available from: https://www.who.int/publications/i/item/framework-for-action-on-interprofessional-education-collaborative-practice[2] Sottas B, Kissmann S, Brügger S. Interprofessionelle Ausbildung (IPE): Erfolgsfaktoren – Messinstrument – Best Practice Beispiele. Expertenbericht für das Bundesamt für Gesundheit. Bern: Bundesamt für Gesundheit; 2016. Zugänglich unter/available from: https://formative-works.ch/wp-content/uploads/2020/01/2016_3_IPE-Erfolgsfaktoren-Messinstrument-Best-Practice-Beispiele-QR.pdf
[3] Steinheider B, Bayerl PS, Menold N, Bromme R. Entwicklung und Validierung einer Skala zur Erfassung von Wissensintegrationsproblemen in interdisziplinären Projektteams (WIP). Z ArbOrgan AO. 2009;53(3):121-130. DOI: 10.1026/0932-4089.53.3.121