Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Blended-Learning-Konzept in der Lehre der Strahlentherapie – mit digitalen Angeboten die Sichtbarkeit der Lehrenden als ärztliche Rollenbilder erhöhen
2Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Strahlentherapie und Spezielle Onkologie, Hannover, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Digitale Lehrangebote können sich lernförderlich und motivierend auf das Lernverhalten der Studierenden auswirken. Die Reduktion von wenig interaktiven Lehrformaten mit klassischem Vorlesungscharakter kann hierfür Freiräume schaffen. Doch wie wirkt sich der Verzicht auf Präsenzlehre zugunsten digitaler Angebote auf das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden aus? Die Neugestaltung des Lehrangebots zur Strahlentherapie sollte daher den Studierenden einen praxisnahen Einblick in das Fach ermöglichen und die Lehrenden als Identifikationsfiguren ärztlichen Handelns, laut NKLM [https://nklm.de/zend/menu] sichtbar machen.
Methoden: Nach Analyse der Ausgangssituation entwickelte ein interdisziplinäres Team aus erfahrenen Lehrenden der Strahlentherapie und Expert*innen für digitale Lehre ein Blended-Learning-Konzept, das auf klassische Vorlesungen verzichtete und die Kombination verschiedener didaktischer Elemente vorsah: LMS-Lernmodul, Screencast Vorträgen, sowie einer Umfrage zu klinisch relevanten Fallbeispielen. Als praxisnaher Einstieg wurde ein Lehrfilm erstellt, in dem zwei Ärzt*innen aus der Strahlentherapie durch die einzelnen Behandlungsschritte führen. Die ärztliche Perspektive auf die Strahlentherapie wird am Ende des Films durch individuelle Statements von Ärzt*innen zu ihrem klinischen Arbeitsalltag aufgenommen. Zusätzlich wurde ein Online-Seminar entwickelt, das einen Austausch mit Studierenden zu klinischen Fällen ermöglicht. Das Praktikum in der Klinik für Strahlentherapie wurde als wichtiger Teil für den Erwerb praktischer Erfahrungen unverändert übernommen.
Ergebnisse: Das neu gestaltete Modul wurde erstmals im Studienjahr 2023/24 durchgeführt. Die Gesamtbewertung des Moduls durch die Studierenden lag nach Schulnoten im Mittel bei 1,8 Punkten (Standardabweichung 0,7). Die Möglichkeit des Kompetenzerwerbs wurde von der Mehrzahl der Studierenden als positiv bewertet. In den Freitextkommentaren wurde insbesondere der Austausch mit den Lehrenden im Online-Seminar hervorgehoben [1]. Positiv erwähnt wurde auch das Engagement der Ärzt*innen aus dem Lehrfilm.
Diskussion: Durch die digitale Neugestaltung konnte ein Lehrkonzept umgesetzt werden, das selbstbestimmtes Lernen, fachlichen Austausch mit Ärzt*innen und Erleben des klinischen Alltags verbindet. Möglich wurde der Erfolg des Konzepts durch eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem ärztlichen Lehrpersonal und den Expert*innen für digitale Lehre. Dies setzt auch voraus, dass das ärztliche Lehrpersonal die mediendidaktischen Entscheidungen mitträgt, auch wenn dies scheinbar die Reduzierung ihrer Sichtbarkeit bedeutet. Die Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass die ärztliche Sichtbarkeit auch in der digitalen Lehre möglich ist.
Take Home Message: Digitale Lehrangebote ermöglichen nicht nur selbstbestimmtes Lernen, sondern auch die Vermittlung ärztlichen Handelns im klinischen Alltag und können auch die Sichtbarkeit der Lehrenden als ärztliches Rollenbild befördern.