Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Ein Grundlagenkurs der Notfallmedizin von Studierenden für Studierende: Wie groß sind Akzeptanz und der Lernerfolg?
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Die notfallmedizinische Ausbildung im Medizinstudium ist bundesweit sehr uneinheitlich umgesetzt [1]. An der Universität Witten/Herdecke (UW/H) beinhaltet der Querschnittsbereich Notfallmedizin vier Seminar- und Praxistage im fünften Studienjahr. Die studentische Initiative AG Notfallmedizin der UW/H setzt sich für einen höheren Stellenwert der notfallmedizinischen Lehre im Medizinstudium ein und hat über vier Semester wöchentlich den Grundlagenkurs Notfallmedizin angeboten. Der Kurs war Teil eines Wahlpflichtprogramms und richtete sich fakultätsübergreifend an alle UW/H Studierenden. Das innovative Kurskonzept orientierte sich am ABCDE-Schema, einem Schema zur strukturierten Behandlung von Notfallpatient*innen [2]. Im ärztlich validierten Peer-to-Peer Format wurden Inhalte durch interaktive Vorträge und praktische Trainings vermittelt.
- Wie gut wurde der Grundlagenkurs Notfallmedizin von den Teilnehmenden angenommen?
- Wie groß war der Lernerfolg und wie veränderte sich das Sicherheitsgefühl der Teilnehmenden in Notfallsituationen?
Methoden: Der Grundlagenkurs Notfallmedizin wurde nach dem Kirkpatrick-Modell evaluiert [2]. Hier werden die Ergebnisse von Level 1 und 2 vorgestellt. Dafür wurde der anonymisierte Datensatz retrospektiv analysiert. Die Daten stammen aus zwei pseudonymisierten Fragebögen mit ca. 400 Datensätzen, die in einem Zeitraum von vier Semestern (SoSe 21 bis WiSe 22/23) erhoben wurden. Die Fragebögen wurden von den Teilnehmenden am ersten (T1) und am letzten Kurstag (T2) online ausgefüllt. Die Akzeptanz des Kurses wurde durch die Errechnung der Drop-out-Rate aus dem Fragebogen gemessen. Mit dem ungepaarten t-Test wurde die Veränderung des Wissens und des Sicherheitsgefühls der Teilnehmenden in Notfallsituationen, zwischen T1 und T2 überprüft.
Ergebnisse: Im Mittel haben 106 Personen pro Semester am Kurs teilgenommen und die durchschnittliche Drop-Out-Rate der Teilnehmenden liegt bei 3,79%. Es gibt einen starken statistisch signifikanten Unterschied zwischen der Gesamtpunktzahl von T1 und T2, wobei die Gesamtpunktzahl von T1 durchschnittlich 2,03 Punkte niedriger war (95%-CI[-2.30, -1.75]), t(813.45)=-14.61, p<.001, d=2.00. Ein starker statistisch signifikanter Unterschied ergibt sich zwischen dem Item „Ich kann in einer medizinischen Notfallsituation in meinem privaten Umfeld sicher agieren.“ zu T1 und dem zu T2, wobei die Bewertung zu T1 durchschnittlich 0.98 Punkte niedriger war (95%-CI [-1.11, -.85]), t(780.36)=-14.84, p<.001, d=0.95.
Diskussion: Der Grundlagenkurs Notfallmedizin hat sich als ein akzeptiertes Kursformat bei den Studierenden erwiesen. Der Wissenszuwachs ist über alle vier betrachteten Semester zusammen signifikant. Die Studiereden fühlten sich nach dem Kurs insgesamt sicherer im Umgang mit Notfallsituationen.
Take Home Message: Studentisch angeleitete Kurse können helfen, neue Schwerpunkte im Curriculum zu setzen.
References
[1] Beckers SK, Timmermann A, Müller MP, Angstwurm M, Walcher F. Undergraduate medical education in emergency medical care: A nationwide survey at German medical schools. BMC Emerg Med. 2009;9:7. DOI: 10.1186/1471-227X-9-7[2] Kirkpatrick DL, Kirkpatrick JD. Evaluating Training Programs: The four levels. 3rd edition. San Francisco, California: Barrett-Koehler Publisher; 2008.
[3] Semmel T. ABCDE – Die Beurteilung von Notfallpatienten. München: Elsevier GmbH; 2020.