Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Umfassende Analyse chronischer Rückenschmerzen: Morphologische und funktionelle Beeinträchtigungen sowie körperliche Aktivität in einer bevölkerungsbasierten Querschnittsstudie
2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Deutschland
3Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
4Julius Wolff Institut, Berlin Insitute of Health an der Charité, Berlin, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Rückenschmerzen sind die weltweit häufigste Ursache für Behinderungen, wobei unklare pathoanatomische Eigenschaften eine effektive Behandlung erschweren. Während viele Studien entweder den Zusammenhang zwischen MRT-Befunden und Symptomen oder die Verbindung zwischen Schmerzen und Funktionseinschränkungen untersuchen, fehlen umfassende Bewertungen, die sowohl strukturelle als auch funktionelle Beeinträchtigungen berücksichtigen. Diese Analyse zielt darauf ab, die Korrelation zwischen unteren Rückenschmerzen, morphologischen und funktionellen Defiziten, körperlicher Aktivität und Schmerzcharakteristika zu erforschen.
Material und Methoden: Zwischen Januar 2022 und April 2024 haben wir 1.262 Teilnehmende mit und ohne Rückenschmerzen aus der deutschen Bevölkerung rekrutiert. Die Studie umfasst die Krankengeschichte (Schmerzen, Diagnosen, Therapien), standardisierte Fragebögen (z.B. Chronic Pain Grade und International Physical Activity Questionnaire), klinische Untersuchung sowie MRT-Datensätze der Lendenwirbelsäule. Die Teilnehmenden wurden nach Schmerzstatus, körperlicher Aktivität (gemäß WHO-Richtlinien), strukturellen Beeinträchtigungen (z.B. Pfirrmann, Krämer, Fujiwara, Meyerding) sowie Haltungs- und Mobilitätsabweichungen gruppiert. Morphologische und funktionelle Beeinträchtigungen, das Aktivitätsniveau, demografische Daten und klinische Merkmale wurden deskriptiv analysiert, wobei Vergleiche mithilfe des Kruskal-Wallis-Tests durchgeführt wurden.
Ergebnisse: Von den 1.262 Teilnehmenden berichteten 392 (31%) über chronische Schmerzen im unteren Rücken (cLBP), 226 (18%) hatten intermittierende Rückenschmerzen (iLBP) und 335 (27%) waren schmerzfrei. Signifikante Unterschiede zeigten sich in Bezug auf ein hohes körperliches Aktivitätsniveau gemäß WHO-Kriterien (cLBP: 79%, iLBP: 78%, no-BP: 86%, p = 0,020, η² = 0,008). Morphologische Beeinträchtigungen waren bei cLBP (75%) und iLBP (76%) häufiger als bei schmerzfreien Teilnehmenden (55%) (p = 0,000, η² = 0,043). Funktionelle Beeinträchtigungen folgten einem ähnlichen Muster (cLBP: 42%, iLBP: 51%, no-BP: 38%, p = 0,014, η² = 0,010). Teilnehmende mit funktionellen Beeinträchtigungen waren tendenziell jünger. Es wurde keine Korrelation zwischen funktionellen oder morphologischen Beeinträchtigungen und Schmerzintensität, Chronifizierungsgrad oder Schmerzdauer festgestellt.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die vorliegenden Daten zeigen unterschiedliche Prävalenzen morphologischer und funktioneller Beeinträchtigungen in Abhängigkeit vom Schmerzstatus. Weder morphologische noch funktionelle Beeinträchtigungen korrelierten signifikant mit dem Chronifizierungsgrad, der Schmerzintensität oder der Schmerzdauer. Daher sollte das derzeitige Klassifikationssystem für die Diagnostik alternative Kategorien einbeziehen, um Rückenschmerztypen in der Allgemeinbevölkerung präziser zu differenzieren, was zu verbesserten therapeutischen Ergebnissen beitragen könnte.



