Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Mikrobiologische Herausforderungen bei der Versorgung Kriegsverletzter aus der Ukraine. Erfahrungen aus einem Überregionalen Traumazentrum
2Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Über das Kleeblattprinzip erhalten deutsche Krankenhäuser seit Beginn des Überfalls Russlands Verletzte aus der Ukraine. Meist resultieren langwierige stationäre und nachfolgende ambulante Behandlungen. Verletzungsmuster und bakterielle Besiedelung sind für zivile deutsche Krankenhäuser eine neue Entität. Mikrobiologische Ergebnisse eigener Fälle sollen aufgearbeitet und allgemeingültige Aussagen abgeleitet werden.
Material und Methoden: Seit Mai 2022 behandelten wir sechs männliche Kriegsverletzte aus der Ukraine im Alter von 21 bis 40 Jahren. Bei allen Patienten lagen größere Knochendefekte sowie Weichteilinfektionen vor. Die Patienten wurden primär in der Ukraine behandelt und sekundär verlegt. Je Patient wurden bis zu zwölf operative Eingriffe erforderlich. Die intraoperativ entnommenen Knochen- und Weichteilproben und das daraus resultierende Antibiotikaregime werden analysiert.
Ergebnisse: Die Latenz zwischen Verletzungseintritt und Behandlungsbeginn hier betrug durchschnittlich 80 (+/-23,8) Tage. Vier von sechs Patienten waren mit externen Fixateuren stabilisiert. In den intraoperativ entnommenen Knochen- und Weichteilproben ließen sich neun verschiedene bakterielle Erreger mit oft kritischer Resistenzlage nachweisen. Am häufigsten gelang die Identifikation von Klebsiella pneumoniae (n = 4), davon in drei Fällen als 4MRGN mit Nachweis von NDM und/oder OXA-48 Carbapenemase sowie in einem Fall als 3MRGN. Unterstützend zur chirurgischen Versorgung musste daher oft auf neue, kostenintensive Reserveantibiotika wie Cefiderocol und Ceftazidime/Avibactam zurückgegriffen werden, deren Einsatzmöglichkeiten auf Grund des gegebenen Resistenzspektrums dennoch begrenzt sind. Die Dauer der Antibiotikagabe betrug bis zu 116 Tage (ø72,8, +/-35,6). Auch hierunter ließ sich jedoch zum Teil keine vollständige Sanierung erreichen, sodass chronische Fisteln etabliert werden mussten (zwei/sechs Fälle).
Diskussion und Schlussfolgerung: Kernproblem sind Infektionen mit multiresistenten gramnegativen Erregern, häufig Enterobakterien darunter Klebsiella pneumoniae. Vergleichbare Ergebnisse sind bereits aus der Untersuchung von Isolaten hospitalisierter Patienten in ukrainischen Kliniken bekannt. So betrug hier die Rate an meropenemresistenten Klebsiella pneumoniae 73% der an beatmungsassoziierter Pneumonie erkrankten Kriegsverletzten [1]. Nach Übernahme aus der Ukraine müssen Patienten in jedem Falle zunächst prophylaktisch isoliert und mittels Proben und Abstrichen auf multiresistente Erreger untersucht werden. In der Behandlung ist ein Antibiotic-Stewardship-Team unabdingbar. Oft sind langwierige und kostenintensive Antibiotikatherapien erforderlich. Zur Deckung des hohen personellen und materiellen Aufwandes sollte die Möglichkeit einer zusätzlichen Vergütung beispielsweise in Form einer Sonder-DRG geschaffen werden.



