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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Muskuläre und lipidassoziierte Gene im Musculus gluteus medius als molekularer Ausdruck der Sarkopenie: Eine Genexpressionsanalyse bei Patienten mit traumatischen und osteoporotischen Sakrumfrakturen

Christoph Muhl 1,2
Josephine Schmolke 3
Friederike Klauke 1,2
Philipp Schenk 4
Philipp Kobbe 1,2
Britt Wildemann 3
Thomas Mendel 1,2
1Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinikum Bergmannstrost Halle gGmbH, Halle (Saale), Deutschland
2Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Halle, Halle (Saale), Deutschland
3Experimentelle Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland
4Koordinationsabteilung für Wissenschaft, Forschung und Lehre, BG Klinikum Bergmannstrost Halle gGmbH, Halle (Saale), Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Fragilitätsfrakturen des Beckens (FFP) als Folge von Osteoporose und Sarkopenie stellen eine immer häufiger werdende Verletzungsentität des höheren Lebensalters dar. Dabei werden beide Erkrankungen, aufgrund des gleichzeitigen Auftretens, als Symtomkomplex „Osteosarkopenie“ bezeichnet. Ziel der vorliegenden Studie ist es, zu untersuchen, ob die Expression von muskel- und lipidmetabolismus assoziierten Genen der Glutealmuskulatur als Ausdruck der Sarkopenie mit dem individuellen Osteoporosegrad assoziiert ist und welchen Einfluss anthropometrische Parameter darauf ausüben.

Material und Methoden: In einer prospektiven Studie (09/2022 – 02/2024) wurden im Rahmen der operativen Versorgung von FFP durch transiliosakrale Verschraubung Muskelproben aus dem M. gluteus medius beidseits entnommen (osteoporotische Gruppe: PelO+). Als Vergleichsgruppe wurden knochengesunde traumatische Beckenfrakturen eingeschlossen (traumatische Gruppe: PelO-). Die RNA wurde mittels Qiagen-TRIZOL-Methode isoliert. Nach Synthese von komplementärer DNA wurde eine quantitative Polymerase-Kettenreaktion durchgeführt, um die Expression muskulärer (Myogenin, Troponin T, Troponin I, Atrogin, Myostatin) und lipidspezifischer Gene (Perilipin, FABP4, PPARγ, C/EBPα, Adiponectin) zu quantifizieren. Die Gruppenzuordnung (PelO+/ PelO-) erfolgte CT-basiert (Hounsfield-Units Messung in LWK5: HU < 110: osteoporotisch; HU > 130: traumatisch). Die statistische Auswertung erfolgte mittels multivariaten allgemeinen linearen Modells. Zusammenhänge zwischen anthropometrischen Variablen (Alter, Größe, Gewicht, Geschlecht) und Genexpression wurden mittels bivariater Korrelation analysiert.

Ergebnisse: In die Studie wurden n=21 Patienten eingeschlossen (PelO+: 11, PelO-: 10). Im direkten Gruppenvergleich zeigte sich lediglich ein signifikanter Unterschied in der Expression von Myostatin (p=0,003). Bei allen anderen untersuchten Genen wurden keine Unterschiede festgestellt. Die Analyse anthropometrischer Variablen ergab eine positive Korrelation zwischen Myostatin-Expression und Körpergewicht (r=0,497). Für Perilipin konnte eine positive Korrelation mit höherem Alter (r=0,651) sowie eine negative Korrelation mit Körpergröße (r=−0,515) und Körpergewicht (r=−0,536) nachgewiesen werden. Eine geschlechtsspezifische Abhängigkeit der Genexpression konnte für keines der untersuchten Gene festgestellt werden.

Diskussion und Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse liefern neue Einblicke in die molekulare Regulation von Muskel- und Fettstoffwechsel bei geriatrischen Beckenfrakturen. Die Expression von Myostatin als negativer Myogeneseregulator variierte signifikant zwischen beiden Gruppen. So nicht erwartet war die höhere Expression in PelO- gegenüber PelO+. Die positive Korrelation zwischen Myostatin-Expression und Körpergewicht deutet auf eine gewichtsspezifische Modulation hin. Perilipin, ein Inhibitor der Lipolyse, korrelierte positiv mit höherem Alter und negativ mit Größe und Gewicht. Somit scheinen anthropometrische Variablen das individuelle Ausmaß der Sarkopenie zu triggern. Ein direkter Zusammenhang zwischen Muskelatrophie und Osteoporose konnte nicht nachgewiesen werden.