Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Evaluation der Schockraumalarmierungskriterien in Deutschland. Eine retrospektive TraumaRegister (DGU®) – Analyse von 94.000 Fällen
2Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland
3Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Witten/Herdecke, Deutschland
4Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, BundeswehrZentralkrankenhaus Koblenz, Koblenz, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Die korrekte Schockraumalarmierung ist entscheidend für die initiale Versorgung schwerverletzter Patienten, jedoch stellt aktuell eine erhebliche Übertriage ein Problem dar. Diese Arbeit analysierte die Schockraumalarmierungskriterien anhand dreier Kategorien. Dabei werden Hochrisiko-Indikatoren (HRSI), Indikatoren für ein moderates Verletzungsrisiko (MRSI) und eine Zuweisung anhand der „Provider-decision“(none), also anhand der Entscheidung des Rettungsdienstpersonals ohne H/MRSI-Indikator, unterschieden.
Material und Methoden: Durchgeführt wurde eine retrospektive Kohortenanalyse anhand von Daten des TraumaRegister DGU® (2018–2023). Insgesamt wurden 97.295 Schockraumalarmierungen untersucht und die Gruppen HRSI, MRSI und „none“ (klinische Entscheidung, s.o.) definiert. Endpunkte umfassten den Injury Severity Score (ISS), Mortalität, Dauer des Intensivaufenthaltes und Notfallinterventionen. Statistische Signifikanz wurde mit p<0,05 festgelegt.
Ergebnisse: HRSI-Kriterien waren mit dem höchsten ISS (Mittelwert: 23,5; SD 12,5) und der höchsten Mortalität (19,3%) assoziiert. MRSI-Kriterien zeigten einen wesentlich niedrigeren ISS (12,5; SD 6,9) und eine Mortalität von 1,6%. Die Gruppe „none“, die einen Schockraumalarm ohne vordefinierten Indikator auslösten, hatte eine Mortalität von 8,5%. Notfallinterventionen waren in der HRSI-Gruppe wesentlich häufiger (31%) also in der MRSI-Gruppe (13%). Es lag eine hohe Prävalenz schwerer Kopfverletzungen in der „none“-Gruppe (weder H- noch MRSI-Indikator) vor (21,2%, n = 4,050).
Diskussion und Schlussfolgerung: Weniger als die Hälfte aller Schockraumalarmierungen basieren auf HRSI-Kriterien, etwa 20% der Alarmierung erfolgen allein aufgrund klinischer Entscheidung des Rettungsdienstpersonals. Die unzureichende Erfassung schwerer Kopfverletzungen durch HRSI- oder MRSI-Indikatoren ist bemerkenswert. Die geringe Mortalität und niedrige Notfallinterventionsrate in der MRSI-Gruppe deuten Möglichkeiten zur Ressourcenoptimierung hin. Diese Ergebnisse bilden die fundierte Basis zur zukünftigen Bewertung der aktualisierten S3-Leitlinien und zur Optimierung der Schockraumalarmierungskriterien in Deutschland.



