Logo

Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Überschäumende Freude nach entsetzlicher Wut

Felix Müller 1
Tina Schaller 2
Matthias Wahle 1
1Universitätsklinikum Augsburg, 3. Medizinische Klinik, Sektion Rheumatologie und klinische Immunologie, Augsburg
2Universitätsklinikum Augsburg, Institut für Pathologie und Molekulare Diagnostik, Augsburg

Text

Vorgeschichte: Eine 59-jährige Frau befand sich seit Anfang 2023 in Behandlung der Gastroenterologie des Universitätsklinikum Augsburg bei Autoimmuncholangitis und später auch Autoimmunpankreatitis.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Berichtet wurden wiederkehrende Schmerzen im Oberbauch, ein diffuses Druckgefühl im restlichen Abdomen und Blutzuckerentgleisungen sowie ungewollter Gewichtsverlust.

Diagnostik: Bei Kombination aus Autoimmunpankreatitis und -cholangitis bestand der Anfangsverdacht einer IgG4-assoziierten Erkrankung. Laborchemisch war dies nicht zu untermauern bei unauffälliger IgG4-Subklasse (Tabelle 1 [Tab. 1]). Histologische Proben von Pankreas- und Lebergewebe konnten die Verdachtsdiagnose nicht bestätigen, jedoch maligne Differenzialdiagnosen ausschließen und zeigten sklerotisches Pankreasgewebe sowie eine milde chronisch aktive portale Hepatitis.

Tabelle 1: IgG gesamt und IgG4-Subklassenbefund der Patientin

Ein 68Ga-FAPI PET/CT-Scan zeigte 11/2023 eine intensive Traceraufnahme in der thorakalen und abdominalen Aorta, entlang der intrahepatischen Gallenwege und im ödematösen Pankreasgewebe (Abbildung 1 [Fig. 1]). Dies wurde als Aortitis, Autoimmuncholangitis und -pankreatitis gedeutet. Zudem wurden eine mesenteriale Lymphadenopathie, eine Perikarditis und pulmonal verdickte Interlobärsepten festgestellt. Unter der Arbeitsdiagnose eines systemischen Phänotyps einer IgG4-assoziierten Erkrankung mit prädominant fibrotischen Veränderungen wurde mit Prednisolon – zunächst in Monotherapie behandelt. Das Primäransprechen war gut. Prednisolonreduktion <10 mg/Tag misslang jedoch stets. Die letzte Histologie bei erneutem Rezidiv zeigte sklerotisches Pankreasgewebe mit storiformer Fibrose und lymphoplasmazytärem Infiltrat.

Abbildung 1: 68 Ga-FAPI-PET/CT mit vermeintlicher Aortitis, Autoimmuncholangitis, Autoimmunpankreatitis und mesenterialem Weichteiltumor.

Therapie: Rituximab in einer Dosis von 2 × 1.000 mg IV wurde 11/2024 off-label verabreicht. Zudem wurde die Prednisolondosis erneut auf 40 mg/Tag erhöht mit anschließendem Reduktionsschema.

Weiterer Verlauf: Mit Symptomen eines hohen Ileus kam es 01/2025 zur Wiedervorstellung. CT-Bildgebung ergab einen kontinuierlichen Progress des vorbekannten mesenterialen Weichteilplus mit Kompression der Pars horizontalis duodeni. Eine laparoskopische Biopsieentnahme wurde erzwungen. Intraoperativer Situs schockierend: Bild einer disseminierten Peritonealkarzinose. Auf unser Bitten hin wurden die Proben parallel zur Differenzialdiagnostik auf maligne Entitäten insbesondere auch auf Veränderungen passend zu Erdheim-Chester Disease untersucht. Eine Ganzbein-Standaufnahme (Röntgen) zeigte flaue Osteoskleroseherde in der distalen Tibia beidseits und histologisch fanden sich charakteristische histiozytäre Schaumzellen sowie der Nachweis der pathogenen BRAF V600E-Mutation.

Diagnose: Morbus Erdheim-Chester

Nach Etablierung einer Ablauf-PEG und einer PiCC-line zur parenteralen Ernährung wird die Patientin nun mit Vemurafenib [1] behandelt.

Dieser Fall hebt die Wichtigkeit der histologischen Aufarbeitung bei IgG4-RD, die Herausforderungen der Differentialdiagnostik bei IgG4-RD und die Wichtigkeit einer ständigen internen Re-Evaluation bei seltener Entität und Abgleich auf Stimmigkeit der Befundlage hervor.


References

[1] Hyman DM, Puzanov I, Subbiah V, Faris JE, Chau I, Blay JY, Wolf J, Raje NS, Diamond EL, Hollebecque A, Gervais R, Elez-Fernandez ME, Italiano A, Hofheinz RD, Hidalgo M, Chan E, Schuler M, Lasserre SF, Makrutzki M, Sirzen F, Veronese ML, Tabernero J, Baselga J. Vemurafenib in Multiple Nonmelanoma Cancers with BRAF V600 Mutations. N Engl J Med. 2015 Aug 20;373(8):726-36. DOI: 10.1056/NEJMoa1502309