Deutscher Rheumatologiekongress 2025
Deutscher Rheumatologiekongress 2025
Überschäumende Freude nach entsetzlicher Wut
2Universitätsklinikum Augsburg, Institut für Pathologie und Molekulare Diagnostik, Augsburg
Text
Vorgeschichte: Eine 59-jährige Frau befand sich seit Anfang 2023 in Behandlung der Gastroenterologie des Universitätsklinikum Augsburg bei Autoimmuncholangitis und später auch Autoimmunpankreatitis.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Berichtet wurden wiederkehrende Schmerzen im Oberbauch, ein diffuses Druckgefühl im restlichen Abdomen und Blutzuckerentgleisungen sowie ungewollter Gewichtsverlust.
Diagnostik: Bei Kombination aus Autoimmunpankreatitis und -cholangitis bestand der Anfangsverdacht einer IgG4-assoziierten Erkrankung. Laborchemisch war dies nicht zu untermauern bei unauffälliger IgG4-Subklasse (Tabelle 1 [Tab. 1]). Histologische Proben von Pankreas- und Lebergewebe konnten die Verdachtsdiagnose nicht bestätigen, jedoch maligne Differenzialdiagnosen ausschließen und zeigten sklerotisches Pankreasgewebe sowie eine milde chronisch aktive portale Hepatitis.
Tabelle 1: IgG gesamt und IgG4-Subklassenbefund der Patientin
Ein 68Ga-FAPI PET/CT-Scan zeigte 11/2023 eine intensive Traceraufnahme in der thorakalen und abdominalen Aorta, entlang der intrahepatischen Gallenwege und im ödematösen Pankreasgewebe (Abbildung 1 [Fig. 1]). Dies wurde als Aortitis, Autoimmuncholangitis und -pankreatitis gedeutet. Zudem wurden eine mesenteriale Lymphadenopathie, eine Perikarditis und pulmonal verdickte Interlobärsepten festgestellt. Unter der Arbeitsdiagnose eines systemischen Phänotyps einer IgG4-assoziierten Erkrankung mit prädominant fibrotischen Veränderungen wurde mit Prednisolon – zunächst in Monotherapie behandelt. Das Primäransprechen war gut. Prednisolonreduktion <10 mg/Tag misslang jedoch stets. Die letzte Histologie bei erneutem Rezidiv zeigte sklerotisches Pankreasgewebe mit storiformer Fibrose und lymphoplasmazytärem Infiltrat.
Abbildung 1: 68 Ga-FAPI-PET/CT mit vermeintlicher Aortitis, Autoimmuncholangitis, Autoimmunpankreatitis und mesenterialem Weichteiltumor.
Therapie: Rituximab in einer Dosis von 2 × 1.000 mg IV wurde 11/2024 off-label verabreicht. Zudem wurde die Prednisolondosis erneut auf 40 mg/Tag erhöht mit anschließendem Reduktionsschema.
Weiterer Verlauf: Mit Symptomen eines hohen Ileus kam es 01/2025 zur Wiedervorstellung. CT-Bildgebung ergab einen kontinuierlichen Progress des vorbekannten mesenterialen Weichteilplus mit Kompression der Pars horizontalis duodeni. Eine laparoskopische Biopsieentnahme wurde erzwungen. Intraoperativer Situs schockierend: Bild einer disseminierten Peritonealkarzinose. Auf unser Bitten hin wurden die Proben parallel zur Differenzialdiagnostik auf maligne Entitäten insbesondere auch auf Veränderungen passend zu Erdheim-Chester Disease untersucht. Eine Ganzbein-Standaufnahme (Röntgen) zeigte flaue Osteoskleroseherde in der distalen Tibia beidseits und histologisch fanden sich charakteristische histiozytäre Schaumzellen sowie der Nachweis der pathogenen BRAF V600E-Mutation.
Diagnose: Morbus Erdheim-Chester
Nach Etablierung einer Ablauf-PEG und einer PiCC-line zur parenteralen Ernährung wird die Patientin nun mit Vemurafenib [1] behandelt.
Dieser Fall hebt die Wichtigkeit der histologischen Aufarbeitung bei IgG4-RD, die Herausforderungen der Differentialdiagnostik bei IgG4-RD und die Wichtigkeit einer ständigen internen Re-Evaluation bei seltener Entität und Abgleich auf Stimmigkeit der Befundlage hervor.