Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Die Nekrose am Auge
2Bürgerhospital, Sektion Minimal-invasive Opthalmologie, Frankfurt am Main
Text
Vorgeschichte: Eine 76-jährige Patientin leidet seit Jahren an diversen Augenmanifestationen mit stark reduzierter Sehkraft: primäres und sekundäres schweres Gaukom mit Z.n. Glaukomdrainageimplantat (2011), glaukomatöse Optikusatrophie, Amotio retinae mit Z.n. Pars-plana-Vitrektomie (2016), trockene Maculadegeneration, Z.n. intravitrealen Injektionen bei Maculaödem mit nun geographischer Atrophie und chronische Uveitis posterior. Zudem besteht eine endokrine Orbitopathie bei Z.n. M. Basedow. Eine arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus Typ 2 werden medikamentös behandelt.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Aufgrund von Arthralgien und einer schmerzhaften anterioren Skleritis rechts, die trotz intensivierter Lokaltherapie (Voltaren und Inflanefran AT neben Augeninnendruck-senkender Lokaltherapie) und Ibuprofen (2 x 600 mg/d) seit 5 Monaten persistiert, erfolgt eine rheumatologische Vorstellung. Opthalmologischerseits zeigt sich eine progrediente Nekrosezone mit ausgeprägtem Risiko einer Skleraperforation.
Diagnostik: Bei normwertigen Entzündungsparametern sind immunserologisch isoliert Anti-PR3-ANCA (43 U/ml) auffällig. Die weitere Diagnostik weist außer einer Fingerpolyarthrose keine organspezifische Vaskulitismanifestation nach (pulmonal, renal, muskuloskelettal).
Therapie: Bei möglicher isolierter Augenmanifestation i.R. einer Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) wird eine Basistherapie mit Methotrexat, jedoch auf Wunsch der Patientin ohne Prednisolonstoß, eingeleitet. Bei zunehmendem Nekroseareal unter 7-wöchiger Methotrexattherapie erfolgt eine Therapieumstellung auf Cyclophosphamid 500 mg i.v. alle 14 Tage mit intermittierenden Prednisolonstößen mit jeweils 250 mg i.v. über 3 Tage (aufgrund des Glaukoms keine Prednisolon-Dauertherapie). Rituximab als alternative Therapieform wird von der Patientin abgelehnt. Die initiale Befundstabilisierung ist im Verlauf durch eine ausgeprägte Skleraausdünnung (von ca. 5 mm auf ca. 1 mm) gefährdet, weshalb eine Skleradeckung die Therapie nach 5 Zyklen vorzeitig beendet.
Weiterer Verlauf: Bei der Skleritis wird eine anteriore diffuse (40%), anterior noduläre (44%) und posteriore (2%) von einer nekrotisierenden Form (14%) unterschieden. Die anteriore nekrotisierende Skleritis ist in bis zu 40 – 50% der Fälle mit einer entzündlich-rheumatischen Systemerkrankung bzw. einer infektiösen Ursache (5%) assoziiert. Rheumatoide Arthritis (bis 33%), systemischer Lupus erythematodes (bis 7%), chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (bis 7%), Polychondritis (< 3%) und GPA (bis 19%) sind rheumatologisch führend. Tuberkulose, Lues, Herpes simplex und zoster dominieren bei der infektiösen Genese. Bei isolierter okulärer Manifestation einer ANCA-Vaskulitis besteht meist eine ANCA-Positivität. Differenzialdiagnostisch kann eine lokale Ausdehnung einer Keratitis eine Skleritis hervorrufen. Die Skleritis ist eine diagnostische und therapeutische Herausforderung in der Zusammenarbeit von Opthalmologen und Rheumatologen, vor allem bei isolierter Manifestation.