Deutscher Rheumatologiekongress 2025
Deutscher Rheumatologiekongress 2025
Myalgien, Dyspnoe und erhöhte Entzündungsparameter bei einer 36-jährigen schwangeren Patientin
2Fachklinik Bad Bentheim, Klinik für Innere Medizin und Rheumatologie, Bad Bentheim
3Mathias-Spital Rheine, Medizinische Klinik I, Rheine
Text
Vorgeschichte: Wir berichten über eine 36-jährige schwangere Patientin (G5P2), bei der seit drei Monaten Myalgien am gesamten Körper bestanden. Bei Husten, ausgeprägten Halsschmerzen sowie erhöhten Entzündungsparametern erfolgte eine stationäre Behandlung in einem externen Krankenhaus. Dort konnte die Erstdiagnose einer Hashimoto-Thyreoiditis gestellt werden. Zudem bestand der Verdacht auf eine immunologische Erkrankung bei auffälligen Myositis-Antikörpern mit dem Verdacht auf eine pulmonale Beteiligung. Eine Bildgebung wurde zu diesem Zeitpunkt auf Grund der Schwangerschaft nicht durchgeführt.
In der anschließenden ambulanten rheumatologischen Vorstellung zeigte sich der Anti-PL12- und SSA-Antikörper hoch positiv bei persistierend erhöhtem CRP-Wert. Die Patientin wurde zur weiteren Diagnostik bei V. a. ein Antisynthetase-Syndrom (ASyS) mit pulmonaler Beteiligung stationär eingewiesen.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Bei progredienten Myalgien des gesamten Körpers und einer ausgeprägten Belastungs- sowie beginnenden Ruhedyspnoe erfolgte im November 2024 in der 23. Schwangerschaftswoche die stationäre Aufnahme.
Diagnostik: Die Laborparameter ergaben eine deutliche Erhöhung von CRP (5,02 mg/dl, N: <0,5 mg/dl) und BSG (65 mmh/h, N: <20 mm/h) bei nur gering erhöhtem Procalcitonin (0,09 mg/dl, N: <0,05 mg/dl). Die CK war normwertig. Der ANA-Titer lag bei 1:2.560 mit positivem SSA-Titer (48, N: <6,9). Im Myositisblot zeigten sich die PL12- und die Ro-52-Autoantikörper hoch positiv. Wir veranlassten eine MRT der Lunge; in dieser stellten sich basal führende pneumoniekompatible Veränderungen mit begleitend interstitiellen peribronchovaskulären sowie subpleuralen Veränderungen im Bereich der Oberlappen beidseits dar (s. Abbildung 1[Fig. 1] ). Zusammenfassend ließ sich ein amyopathisches Antisynthetase-Syndrom mit interstitieller Lungenerkrankung diagnostizieren. Die gynäkologische Vorsorgeuntersuchung ergab ein Wachstum auf der 7. Perzentile (Small-for-Gestational-Age) bei ansonsten sonographisch unauffälliger Entwicklung.
Abbildung 1: MRT der Lunge mit ausgeprägten interstitiellen Lungengerüstveränderungen.
Therapie: Nach Risiko-Nutzen-Abwägung wurde eine Basistherapie mit intravenösen Immunglobulinen (90 g alle 4 Wochen) sowie Tacrolimus oral eingeleitet. Zusätzlich erfolgte eine Hochdosis-Cortison-Therapie, initial mit Methylprednisolon 500 mg intravenös über drei Tage, anschließend mit Prednisolon 1 mg/kg KG oral. Um das Risiko eines fetalen Herzblocks zu reduzieren, wurde eine Therapie mit Hydroxychloroquin begonnen.
Hierunter kam es zu einer Besserung der Dyspnoe-Symptomatik und Myalgien. Auf eine Soor- und PCP-Prophylaxe wurde im Hinblick auf die Schwangerschaft verzichtet.
Weiterer Verlauf: Aufgrund einer Plazentainsuffizienz kam es im Dezember 2024 in der 28. Schwangerschaftswoche zu einer Not-Sectio. Das Frühgeborene wurde anschließend intensivmedizinisch behandelt und konnte im März 2025 nach Hause entlassen werden.
Die Basistherapie wurde nach der Entbindung auf Rituximab (2 x 1.000 mg im Januar 2025) umgestellt. Die Prednisolon-Dosis konnte bis 5 mg/Tag getapert werden.
Entzündliche Muskelerkrankungen, hier das ASyS, stellen in der Schwangerschaft eine besondere diagnostische und therapeutische Herausforderung dar, insbesondere bei amyopathischen Verläufen. Schwangerschaftskomplikationen wie Frühgeburtlichkeit sind häufig. Es existieren keine klaren Therapieempfehlungen, eine Immunsuppression ist dennoch in der Schwangerschaft möglich und sollte unbedingt durchgeführt werden [1].