Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Solitäre pulmonale Hämorrhagie bei rezidivierenden Hämoptysen – Vaskulitis oder doch nicht?
Text
Vorgeschichte: 2012 wurde ein damals 18-jähriger Patient mit einer hämoglobinrelevanten pulmonalen Blutung in ein auswärtiges Krankenhaus aufgenommen. ANCA sowie anti-GBM-Antikörper blieben negativ. Es erfolgte eine 7-tägige invasive Beatmung. Aufgrund des Verdachts eines pulmo-renalen Syndroms bei möglicher Kleingefäßvaskulitis erhielt der Patient 6 Zyklen Cyclophosphamid (je 1 g), eine Plasmapherese, sowie Prednisolon (5 mg/d für 1 Jahr). Der histologische Befund der damals diagnosebegründenden Nierenbiopsie war im Arztbrief nicht dokumentiert. 2018 traten erneut selbstlimitierende Hämoptysen auf, ohne Behandlungsbedarf.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: 2025 stellte sich der nun 31-Jährige mit neu aufgetretenem Husten, Hämoptysen, linksseitiger Hörminderung und Nachtschweiß vor. Er berichtete über rezidivierende Nasennebenhöhlen- und Zahnfleischentzündungen. Berufliche Abgasexposition, Rauchen (ca. 1 Päckchen/Woche). Keine Medikamenteneinnahme, kein Drogenkonsum, keine Fernreisen.
Diagnostik: Klinische Untersuchung: Gingivitis, sonst unauffällig.
Labor: CRP erhöht 14 mg/l (<5), Blutbild, Nierenfunktion und Urin unauffällig. PR3-, MPO-ANCA und anti-GBM-Antikörper negativ.
CT-Thorax: keine alveloläre Hämorrhagie, aber ubiquitäre, zentral betonte Bronchialwandverdickung, als H.a. Reizzustand.
Bronchoskopie: akute Bronchitis mit Rötung, BAL: konsekutive Hämorrhagie – zunächst gewertet als Vaskulitisschub. Zytologie: milde granulozytäre Alveolitis, v.a. Kondensatmakrophagen als H.a. inhalative Belastung.
HNO-Untersuchung unauffällig, cMRT: unspezifischer Reizzustand Keilbeinhöhle.
Therapie: Adrenalininhalationen führten zum Sistieren der Hämoptysen. CRP normalisierte sich, weitere Therapien nicht erforderlich.
Weiterer Verlauf: In Zusammenschau des klinisch stabilen Befundes, des Fehlens sicherer Hinweise auf eine Vaskulitis sowie weiterer vaskulitischer Manifestationen, konnte die Verdachtsdiagnose einer Vaskulitis nicht aufrechterhalten werden. Einschränkend sei hier erwähnt, dass eine isolierte Kapillaritis mit alveolärer Hämorrhagie diagnostisch, z.B. histologisch, schwer zu erfassen ist. Vor dem Hintergrund eines respiratorischen Infekts und inhalativer Noxen sind die aktuellen Hämoptysen am ehesten als Endobronchitis mit Reizzustand (vgl. BAL-Befund) zu interpretieren. Ein Rauchstopp wurde empfohlen. Der nachträglich eingegangene Nierenbiopsiebefund aus 2012 erbrachte zudem keine Glomerulonephritis, aber eine mögliche, allerdings allenfalls geringgradige IgA-Vaskulitis. Histomorphologisch fand sich kein Korrelat der damals erhobenen Mikrohämaturie. Eine invasiv beatmungspflichtige pulmonale Hämorrhagie ist zwar auch im Rahmen einer IgA-Vaskulitis zu erklären, ist aber sehr selten (1 case report veröffentlicht). Retrospektiv erscheint insbesondere aufgrund des rezidivierenden Verlaufs das Krankheitsbild 2012/2018 auch vereinbar mit einer idiopathischen pulmonalen Hämosiderose (Ceelen-Gellerstedt-Syndrom) – einer seltenen Erkrankung unklarer Genese, meist bei jungen Erwachsenen, mit variabler Prognose.
Dieser Fall unterstreicht die Notwendigkeit, auch frühere Diagnosen stets kritisch zu hinterfragen – besonders bei der Indikation potenziell nebenwirkungsreicher Therapien.