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Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Digitale Patientenedukation in der Rheumatologie: Eine qualitative Untersuchung zu Möglichkeiten und Herausforderungen

Franziska Lumma 1
Johannes Knitza 2
Felix Mühlensiepen 3
1medicstream GmbH, Hürth
2Universitätsklinikum Giessen und Marburg, Institute for Digital Medicine, Marburg
3Medizinische Hochschule Brandenburg – Theodor Fontane, Neuruppin

Text

Einleitung: Patientenedukation (PE) befähigt Patient:innen mit rheumatologischen Erkrankungen zum Selbstmanagement und kann die Krankheitsprogression verlangsamen [1]. Dennoch fühlen sich laut einer Studie nur 24% ausreichend informiert [2]. Digitale Technologien und soziale Medien bieten zwar Informationen, deren Zuverlässigkeit ist jedoch fraglich [3]. Eine vielversprechende Lösung, um diese Versorgungslücke zu schließen, bietet die digitale Patientenedukation (DPE) [4].

2024 wurde in der deutschen rheumatologischen Versorgungslandschaft das digitale rheumatologische Informationssystem (DiRhIS) eingeführt. Mittels dessen besteht für Behandlungsteams die Möglichkeit, validierte und maßgeschneiderte Informationspakete bereitzustellen. Ziel ist die Behandlungsteams zu entlasten und Patient:innen umfassend zu informieren.

Gegenstand der Studie ist die Exploration der DPE mit Fokus auf DiRhIS.

Methoden: Nach erfolgter Bestätigung der ethischen Unbedenklichkeit wurden von Mai bis August 2024 halb-strukturierte Experteninterviews mit 14 Akteur:innen des Gesundheitswesens im Projektumfeld von DiRhIS durchgeführt. Hierbei wurden Rheumatolog:innen, rheumatologische Fachassistent:innen sowie Expert:innen aus Patientenorganisationen, Politik und Industrie interviewt. Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz.

Ergebnisse: Es wird betont, dass der Einfluss adäquater PE auf den Therapieerfolg in der Gesundheitsversorgung bislang unzureichend berücksichtigt wird. Kritisch hervorgehoben wurde die Konsultation des Internets durch Patient:innen, die mit „mit ganz viel Unsinn“ und als „ein großer Zeitfresser“ assoziiert wird.

Hingegen wird validierte DPE als vielversprechende Lösung angesehen. Ihr Potenzial liegt in der Zeitersparnis, der Förderung des Selbstmanagements, der Verbesserung der Versorgungsqualität und Ressourcenschonung. Ihre erfolgreiche Umsetzung hängt jedoch von einer stärkeren Bekanntheit und der Überzeugung der Ärzteschaft ab. Gleichzeitig wird betont, dass DPE als ergänzende, nicht ersetzende Maßnahme betrachtet wird, da „wesentliche Teile der Arzt-Patienten-Kommunikation an Menschen hängen und digital nicht ersetzbar sind“.

Die zentralen Potenziale von DiRhIS liegen in der Unterstützung der Aufklärung, der Stärkung der Gesundheitskompetenz und der Patientenzentrierung. Die größte Herausforderung ist die Integration in den klinischen Alltag, die durch zeitliche Restriktionen, Akzeptanzbarrieren und mangelnde Nutzungsmotivation von Patient:innen und medizinischem Personal geprägt ist.

Schlussfolgerung: Es konnte sowohl die Bedeutung der PE als auch das Potenzial der DPE in der Rheumatologie aufgezeigt werden. Vor diesem Hintergrund stellt DiRhIS eine innovative Möglichkeit dar, DPE effektiv in die rheumatologische Versorgung zu integrieren. Die Integration und Weiterentwicklung von DiRhIS und ähnlichen Plattformen könnte einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Versorgungsqualität leisten.

Offenlegungserklärung: FL ist Mitarbeiterin der medicstream GmbH. JK ist Berater der BDRh Service GmbH.


References

[1] Zangi HA, Ndosi M, Adams J, Andersen L, Bode C, Boström C, van Eijk-Hustings Y, Gossec L, Korandová J, Mendes G, Niedermann K, Primdahl J, Stoffer M, Voshaar M, van Tubergen A; European League Against Rheumatism (EULAR). EULAR recommendations for patient education for people with inflammatory arthritis. Ann Rheum Dis. 2015 Jun;74(6):954-62. DOI: 10.1136/annrheumdis-2014-206807
[2] Becker C, Diener M, Hueber AJ, Henes J, Krusche M, Ignatyev Y, May S, Erstling U, Elling-Audersch C, Knitza J, Muehlensiepen F. Unmet Information Needs of Patients with Rheumatic Diseases: Results of a Cross-Sectional Online Survey Study in Germany. Int J Environ Res Public Health. 2022 Jun 9;19(12):7071. DOI: 10.3390/ijerph19127071
[3] Myeoung BJ, Park JH, Lee BJ, Jeong HJ, Kim A, So MW, Lee SG. Social media has become a mainstream source of medical information for patients with rheumatic diseases: a cross-sectional survey of patients. Rheumatol Int. 2024 Oct;44(10):2159-66. DOI: 10.1007/s00296-024-05634-0
[4] Knudsen LR, Ndosi M, Hauge EM, Lomborg K, Dreyer L, Aaboe S, Kjær MB, Sørensen L, Volsmann L, Christensen HM, de Thurah A. Effectiveness of a novel digital patient education programme to support self-management of early rheumatoid arthritis: a randomized controlled trial. Rheumatology (Oxford). 2024 Sep 1;63(9):2547-56. DOI: 10.1093/rheumatology/keae177