Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Entwicklung eines diagnostischen Calculators zur Unterscheidung von primärem und sekundärem Raynaud-Syndrom mittels Power-Doppler und Microvascular Imaging der Fingerbeere
2St. Josef-Stift, Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie, Sendenhorst
Text
Einleitung: Die frühe Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Raynaud-Syndrom (RS) ist für die rheumatologische Praxis von hoher Relevanz und teils von nicht ubiquitär verfügbarer Diagnostik abhängig. Wir konnten zeigen, dass die Flussmessung mittels Microvascular Imaging (MVI) der Fingerbeere eine Differenzierung zwischen gesunden (+/- RP) und sekundären Formen erlaubt [1], [2], [3]. Diese Studie untersucht die zusätzliche diagnostische Wertigkeit der Flussmessung mittels Power-Doppler-Ultraschall (PDUS) sowie MVI und führt als Innovation einen methodenspezifischen diagnostischen Calculator ein.
Methoden: In einer prospektiven monozentrischen Studie wurden 122 Probanden (40 Gesunde/primäres RP, 66 Sklerodermie, 16 rheumatische Erkrankungen mit/ohne RP) mittels PDUS und MVI an den Fingerkuppen D2-D5 der dominanten Hand untersucht. Gemessen wurden jeweils Peak-Systolische (PS) und End-Diastolische (ED) Flussgeschwindigkeiten sowie der Resistive Index (RI). Zur Optimierung der diagnostischen Trennschärfe wurden ROC-Analysen durchgeführt und methodenspezifische Grenzwerte ermittelt. Auf Basis dieser Daten entwickelten wir einen webbasierten Calculator, der mittels Machine-Learning-Algorithmen die erhobenen Messwerte verarbeitet, methodenspezifische Charakteristika berücksichtigt und eine Wahrscheinlichkeitsabschätzung für das Vorliegen eines sekundären RP liefert. Der Calculator wurde mittels 5-facher Kreuzvalidierung auf seine diagnostische Genauigkeit getestet. Eine klinische Validierung läuft gegenwärtig.
Ergebnisse: PS-Werte zeigten die beste Diskriminationsfähigkeit zwischen primärem und sekundärem RP. Bei gesunden Probanden/primärem RP waren MVI-Werte 5–11% höher als PDUS-Werte, während bei sekundärem RP MVI-Werte 1–3% niedriger ausfielen. Als optimale Grenzwerte wurden ermittelt: Für PDUS PS-Durchschnitt <9,50 cm/s (Sensitivität 89,4%, Spezifität 78,9%); für MVI PS-Durchschnitt <8,16 cm/s (Sensitivität 82,8%, Spezifität 85,0%). Der entwickelte Calculator integriert diese methodenspezifischen Unterschiede automatisch und erreichte in der Validierung eine Sensitivität von 91,2% und Spezifität von 86,5% für die Diagnostik eines sekundären RP (Beispieleingabe in Abbildung 1 [Fig. 1]).
Abbildung 1: Raynaud-Syndrom-Calculator
Schlussfolgerung: Der neu entwickelte RS-Calculator stellt eine innovative Ergänzung zur Quantifizierung des Raynaud-Syndroms dar. Durch die Berücksichtigung methodenspezifischer Eigenschaften von PDUS und MVI und die automatisierte Anwendung validierter Grenzwerte wird die nicht-invasive Früherkennung eines sekundären RP erheblich vereinfacht. Die Web-Implementierung ermöglicht zudem eine breite Verfügbarkeit in der klinischen Anwendung. Zukünftige Validierungsstudien könnten die diagnostische Genauigkeit weiter erhöhen.
References
[1] Rademacher JG, et al. Microvascular Imaging as a Novel Tool for the Assessment of Blood Flow Velocity in Patients with Systemic Sclerosis: A Single-Center Feasibility Study. Applied Sciences. 2022;12(5):2306.[2] Rademacher JG, Buschfort R, Korsten P. DI.11 Microvascular Imaging der Fingerbeere zur Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Raynaud-Syndrom. 2024. DOI: 10.13140/RG.2.2.25647.34726
[3] Buschfort R, Rademacher JG, Korsten P. Micro Vascular Imaging (MVI) als neuartiges Verfahren zur quantitativen Erhebung der digitalen Durchblutung bei Patienten mit Systemischer Sklerodermie. 2022. DOI: 10.13140/RG.2.2.33739.46885