German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
In vivo Elutionskinetik von Gentamicin und Vancomycin aus Spacern in der Therapie periprothetischer Infektionen des Kniegelenks: Erkenntnisse aus einer prospektiven Mikrodialyse-Studie
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Zielsetzung und Fragestellung: Der zweizeitige Wechsel mit temporären antibiotikabeladenen statischen Platzhaltern (Spacer) ist eine gängige Therapie der periprothetischen Infektion (PJI) einer Kniegelenksendoprothese. Derzeit liegen nur begrenzt in vivo Daten zur Elutionskinetik des Spacers sowie zur intraartikulären Zusammensetzung des Kniegelenks nach infizierter Prothesenentfernung und Spacer-Implantation vor. Diese prospektive Studie, misst erstmals mittels Technik der Mikrodialyse, die aus dem Spacer freigesetzten Antibiotikakonzentrationen, sowie immunologische und metabolische Marker zum Infektionsmonitoring im Kniegelenk kontinuierlich über 72 Stunden postoperativ. Ziel war es zu überprüfen, ob die Antibiotikafreisetzung in den ersten 72 Stunden postoperativ im therapeutischen Bereich liegt, einer spezifischen Kinetik folgt und die Mikrodialyse als Methode der intraartikulären Probengewinnung geeignet ist.
Material und Methoden: In die Studie wurden zehn Patienten (medianes Alter 71,5 Jahre, männlich: 6, weiblich: 4) eingeschlossen, die aufgrund einer PJI einen zweizeitigen Wechsel erhielten. Intraoperativ erfolgte nach vollständiger Explantation der infizierten Prothese, die Implantation eines patientenindividuellen statischen Spacers aus COPAL-Zement (0,5 g Gentamicin, 2 g Vancomycin pro 40 g Zement). Zudem wurde ein Mikrodialysekatheter über eine Redondrainage intraartikulär implantiert. Für 72 Stunden postoperativ wurde über diesen kontinuierlich Proben aus dem Kniegelenk gewonnen. Die Dialysate wurden auf die Konzentrationen der lokal und systemisch applizierten Antibiotika (u.a. Gentamicin, Vancomycin), sowie metabolische (Glukose, Laktat) und immunologische Parameter (IL-6, LPS) analysiert. Diese Werte wurden mit venösen Blutproben verglichen.
Ergebnisse: Die mediane Zementmasse betrug 90 g [95%-KI 63;132]. Die Antibiotikakonzentrationen im Aspirat waren initial hoch (Gentamicin 9,55 µg/ml [0,4; 17,36], Vancomycin 37,57 µg/ml [3,26; 81,6]) und sanken innerhalb 72 Stunden signifikant ab (Gentamicin 4,27 µg/ml [2,26; 7,2], Vancomycin 9,69 µg/ml [3,86; 24]). Die Antibiotikakonzentrationen im Aspirat waren durchgehend deutlich höher als die Blutkonzentrationen. Bei den parenteral verabreichten Antibiotika stellte sich dies umgekehrt dar (p<0,01). Glukosekonzentrationen im Aspirat sanken von 17,71 mg/dl [5,59; 63,03] nach 24 Stunden auf 0,89 mg/dl [0,14; 20,14] nach 72 Stunden. Die LPS-Konzentrationen waren zu allen Zeitpunkten im Blut signifikant höher als im Aspirat (p<0,01). IL-6 zeigte keinen zeitlichen Effekt oder Unterschied zwischen Aspirat- und Blutproben.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Mikrodialyse erwies sich als zuverlässige Methode der intraartikulären Progengewinnung ohne Nebenwirkungen. Trotz des raschen Abfalls innerhalb von 72 Stunden blieben die Gentamicin- und Vancomycin-Konzentrationen im Aspirat im therapeutischen Bereich, was auf eine ausreichende Antibiotikafreisetzung des Spacers hinweist. Die Unterscheidung zwischen chirurgisch bedingter Immunantwort und bakterieller Infektion zeigte sich mit den gewählten Markern herausfordernd. Weitere in-vivo-Studien mit längeren Beobachtungszeiträumen sind erforderlich, um die langzeitige Antibiotikafreisetzung zu untersuchen und eine frühere Prothesenimplantation zu prüfen.



