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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Retrospektive Analyse des Komplikationsspektrums der Behandlung von Patient:Innen mit kongenitalem Femurdefekt in Abhängigkeit der prognostizierten Beinlängendifferenz

Marie Herrmann 1
Björn Vogt 1
Georg Gosheger 2
Andrea Maria Laufer 1
Gregor Toporowski 1
Henning Tretow 1
Robert Rödl 1
Adrien Frommer 1
1Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland
2Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Der kongenitale Femurdefekt (CFD) ist eine seltene angeborene Fehlbildung und umfasst ein großes Spektrum von reinen Hypoplasien des Femurs bis zu ausgeprägten Deformitäten. In dieser Studie wird der Zusammenhang zwischen prognostizierter Beinlängendifferenz (BLD) und dem Komplikationspektrum einer operativen Therapie des CFD untersucht, da dies in der Literatur nur insuffizient abgebildet ist.

Material und Methoden: Es erfolgte eine monozentrische, retrospektive, klinisch-radiologische Analyse aller Patient:Innen, welche zwischen 2005 und 2024 aufgrund eines CFD operativ behandelt worden sind. Primäre Outcome-Parameter waren die BLD bei Erstvorstellung, die prognostizierte BLD nach Wachstumsabschluss und BLD nach Behandlungsabschluss sowie die Analyse der Komplikationen, welche in Minor-Komplikationen (behoben ohne zusätzliche Operation) und Major-Komplikationen (behoben mit zusätzlicher Operation) unterteilt wurden. Insgesamt wurden 73 betroffene Extremitäten (rechts: n=37) bei 71 Patient:Innen (weiblich: n=34) identifiziert. Das ØAlter bei Erstvorstellung (inklusive ex domo vorbehandelter Patient:Innen) lag bei 6,0 Jahren (SD=6), und bei Ø=14,1 Jahren (SD=7) zum maximalen Follow-Up (Ø=7,7 Jahre, SD=5). Der Zusammenhang zwischen prognostizierter BLD und der Anzahl an Major-Komplikationen wurde mittels Rangkorrelation nach Spearman untersucht (Signifikanzniveau p<0,05).

Ergebnisse: Die BLD bei Erstvorstellung betrug Ø59 mm (SD=44) mit einer prognostizierten BLD zum Wachstumsabschluss von Ø125 mm (SD=85). Die BLD zum maximalen Follow-Up betrug Ø41 mm (SD=64). Die CFD-Subtypen sind in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellt. Bei 55/73 betroffenen Extremitäten (75%) erfolgte eine operativ-rekonstruktive Behandlung mit dem Ziel des BLD-Ausgleichs, bei 15/73 Extremitäten (21%) erfolgte ein primär orthoprothetisches Behandlungskonzept (rekonstruktive Operationen ohne Kallusdistraktion). Die Anzahl an Operationen pro Patient:In lag bei Ø4,2 (SD=3). Insgesamt wurden 299 elektive Operationen (exklusive Revisionsoperationen bei Major-Komplikationen) durchgeführt. Die häufigsten operativen Maßnahmen waren Materialentfernungen (168/299, 56%), Beckenosteotomien zur Verbesserung der Hüftgelenksüberdachung (39/299, 13%), proximale Femurosteotomien (42/299, 14%), Kallusdistraktionen des Femurs mittels Fixateurs externe (FixEx) (49/299, 16%) und intramedulläre Schienungen des Femurs (44/299, 15%). Bei 23% (n=68/299) der Operationen kam es zu Minor-Komplikationen, wobei die oberflächliche Wundinfektion (n=39) die häufigste war. Bei 54/299 Behandlungen (18%) kam es zu Major-Komplikationen, wobei Gelenk(sub)luxationen am häufigsten waren (n=22) (Tabelle 2 [Tab. 2]). Es zeigte sich ein signifikant positiver Zusammenhang (p=0,008, Spearman-Korrelationskoeffizient=0,337) zwischen der prognostizierten BLD und der Anzahl an zusätzlichen Operationen/Interventionen bedingt durch Major-Komplikationen im Behandlungsverlauf (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Tabelle 1

Tabelle 2

Abbildung 1

Diskussion und Schlussfolgerung: Ab einer prognostizierten BLD von mehr als 17 cm ist im Durchschnitt mit einer zusätzlichen OP aufgrund einer Major-Komplikation bei der operativen Behandlung von Patient:innen mit einem CFD zu rechnen. Diese Erkenntnisse sollten insbesondere bei der Erstberatung von Familien mit Kindern mit einem CFD berücksichtigt werden.