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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Interdisziplinäre Langzeitversorgung bei Chondrosarkom des Acetabulums: Eine retrospektive Fallanalyse eines Patienten über 30 Jahre

Jonas Kammann 1
Ercan Sagnak 1
1Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg, Hamburg, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Wie gestaltet sich der langfristige, interdisziplinäre Behandlungsverlauf eines Patienten mit Chondrosarkom des Acetabulums in Anbetracht von Komplikationen und Folgeeingriffen?

Material und Methoden: Es wurde eine retrospektive Einzelfallanalyse über einen Zeitraum von 30 Jahren (1994–2024) durchgeführt. Die Datenerfassung erfolgte anhand von Krankenakten, Operationsberichten und Nachsorgedokumentationen aus den Bereichen Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie. Es erfolgte eine chronologische Analyse des Behandlungsverlaufes, wobei Hauptinterventionen, Komplikationen und deren Management sowie das funktionelle Outcome erfasst wurden. Das Evidenzlevel entspricht Klasse D.

Ergebnisse: Der initial als Chondroblastom diagnostizierte Tumor des rechten Acetabulums wurde 1994 erstmalig reseziert. Im Verlauf erfolgten aufgrund von Rezidiven insgesamt 8 Revisionseingriffe bis 2020. Komplikationen umfassten mehrfache lokale Tumorrezidive, eine Streptokokkensepsis mit Infektion des einliegenden Acetabulumspacers (2022) sowie die Entwicklung einer sekundären Coxarthrose. Die Therapie beinhaltete wiederholte Resektionen mit Knochenzementplastiken, eine temporäre Girdlestone-Situation (2023) und schließlich die Implantation einer modularen Revisionshüft-TEP (2023). Zusätzlich entwickelte sich ein therapiebedürftiges Lymphödem des rechten Beins, welches 2024 mittels lymphovenöser Anastomosen behandelt wurde.

Der interdisziplinäre Behandlungsansatz umfasste:

  1. Unfallchirurgie/Orthopädie: Tumorresektionen, Tumornachsorge, Gelenkrekonstruktionen, Endoprothetik
  2. Mikrobiologie: Management der Gelenkinfektionen
  3. Plastische Chirurgie: Behandlung des sekundären Lymphödems

Das funktionelle Langzeitergebnis zeigte sich trotz komplexer Krankheitsgeschichte positiv. Der Patient konnte seine körperlich anspruchsvolle berufliche Tätigkeit als Berufstaucher im Jahr 2024 wieder aufnehmen und zeigte bei der letzten Untersuchung ein hinkfreies Gangbild ohne Hilfsmittel.

Diskussion und Schlussfolgerung: Mit ca. 20% stellt das Chondrosarkom den zweithäufigsten soliden, malignen Knochentumor da, welcher am häufigsten im proximalen Femur und Becken lokalisiert ist. Die Rehabilitation und Wiedererlangung der uneingeschränkten Gehfähigkeit gestaltet sich für viele Patienten nach Therapie von Tumoren in dieser Region erschwert. Der dargestellte Fall demonstriert die Komplexität und Langwierigkeit der Behandlung von Knochentumoren im Hüft-/Beckenbereich. Ein interdisziplinärer Ansatz ist essentiell für das Management von Komplikationen und die Optimierung des funktionellen Outcomes. Trotz multipler Eingriffe und Komplikationen kann durch konsequente, fachübergreifende Therapie eine gute Langzeitprognose mit Erhalt der Funktionalität erreicht werden. Die Nachsorge sollte langfristig angelegt sein, um Rezidive und Sekundärkomplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Abbildung 1 [Fig. 1]

Abbildung 1: Präoperative MRT und die implantierte modulare Revisions-Hüft-TEP

Tabelle 1 [Tab. 1]

Tabelle 1: Chronologie der Hauptinterventionen