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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Der irreführende Begriff der Minor-Amputation an der unteren Extremität

Sebastian Fischer 1
Marc Blank 1
Sebastian Benner 2
1BG Unfallklinik Frankfurt am Main, Fußtraumatologie und -orthopädie, Frankfurt am Main, Deutschland
2BG Unfallklinik, Technische Orthopädie, Frankfurt am Main, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Ausgeprägte Gewebsdefekte traumatischer, vaskulär-metabolischer oder infektiöser Genese, können eine Minor- (MIN) oder Major- (MAJ) Amputation der unteren Extremität erfordern. Unser Ziel war es, die zugrundeliegende Ätiologie, einschließlich früherer Traumata und letztendlicher Indikation zur Amputation und die nachfolgende Funktion zu vergleichen. In der vorliegenden Studie werden Minoramputationen, der internationalen Literatur folgend, als diejenigen unterhalb des tibialen Plafonds und Majoramputationen als diejenigen oberhalb des Sprunggelenkes und einschließlich des Kniegelenkes definiert.

Material und Methoden: Zwischen 2012 und 2022 wurden 443 Amputationen der unteren Extremität berücksichtigt. Nach Würdigung der Einschlusskriterien und Ausschluss isolierter Zehenamputationen verblieben 116 Amputationen von 112 Patienten (98 Männer, 14 Frauen; Durchschnittsalter: 56,5 Jahre) in der monozentrisch, retrospektiven Studie zur Auswertung der klinischen Ergebnisse. Bei 40 Patienten wurde eine MIN (1 beidseitig) und bei 76 Patienten eine MAJ (3 beidseitig), durchgeführt. Erfasst wurden u.a. die demografischen Daten der Patienten, die Ätiologie, der letztendliche Amputationsgrad, die Prothesenversorgung, der generelle Gesundheitszustand mithilfe des SF-12-Fragebogen, der spezifische PLUS-M-12-Fragebogen, Probleme der Alltagsbewältigung einschließlich der schmerfreien Gehstrecke und Rückkehr zum erlernten Beruf.

Ergebnisse: Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 4,9 Jahre. Ausgeprägte Gewebezerstörungen im Rahmen von Verkehrsunfällen mit posttraumatischen oder postoperativen Infektionen erbrachten den häufigsten Amputationsgrund. Der mittlere SF-12 Score aller Patienten betrug für die physische Komponente 35.22 (MIN: 37.53; MAJ: 34.47, p = 0,052), für die mittlere mentale Komponente 50.06 (MIN: 51.76; MAJ: 49.49, p = 0,411); der mittlere Plus-M-12 lag bei 47.07 (MIN: 50.26, MAJ: 45.98, p = 0,052). Die schmerzfreie Gehstrecke wurde in der MIN-Gruppe mit 2270 m, in der MAJ-Gruppe mit 2.138 m angegeben (p = 0,892). In beiden Gruppen kehrten rund 20% in ihren erlernten Beruf zurück (MIN: 19,21%, MAJ: 18,42%, p = 0,203). Die in beiden Gruppen ungewöhnlich hohe „Lost-to-follow-up“-Rate von rund 60% bestätigt die überdurchschnittliche Morbidität und Mortalität der untersuchten Population.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die in allen Scores und Abfragen vergleichbaren Werte in beiden Gruppen unterstreichen, dass auch vermeintlich Minoramputationen unterhalb des Sprunggelenkes eine erhebliche Beeinträchtigung in der Alltagsbewältigung darstellen können. Wiederum belegen die Ergebnisse auch das vergleichsweise gute Outcome trotz Majoramputation der unteren Extremität durch fortschrittliche Operationsstrategien und zeitgemäße individuelle prothetische Versorgungsmöglichkeiten.

Evidenzlevel: III, Fallkontrollstudie

Tabelle 1 [Tab. 1]

Tabelle 1: Verteilung von MIN und MAJ

Abbildung 1 [Abb. 1]

Abbildung 1: Amputationshöhen