41. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)
41. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)
Untersuchung der Validität des PILL-5 bei Kopf-Hals-Tumorpatienten mit Dysphagie
Abstract
Hintergrund: Bei Kopf- Hals-Tumorpatienten besteht bei bis zu 66% posttherapeutisch eine Dysphagie. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren; viele Patienten sind bereits multimorbide und auf die Einnahme von Tabletten angewiesen. Verbleiben Tabletten oral oder pharyngal, vom Patienten bemerkt oder unbemerkt, kann dies zu einer veränderten Wirkung oder zu lokalen Reizungen der Schleimhaut führen. Der PILL-5-Fragebogen zum Schluckvermögen von Tabletten wurde 2019 auf Englisch für Dysphagie-Patienten validiert. Inwiefern er auch als Instrument von Nutzen sein kann, um eine für den Patienten mit o.g. Risiken verbundene gestörte Medikamenteneinnahme sinnvoll zu erfassen, soll in dieser Arbeit dargestellt werden.
Material und Methoden: Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden Patienten ermittelt, die in der Klinik für Hör-, Stimm- und Sprachheilkunde des UKE aufgrund einer nach einer Kopf-Hals-Tumorerkrankung bestehenden Dysphagie von 2021 bis 2025 untersucht wurden. Bei allen Patienten war eine FEES erfolgt und ein Pill-5-Fragebogen ausgehändigt worden. Die Untersuchung des Tablettenschlucks in der FEES erfolgte standardmäßig mit drei Tabletten unterschiedlicher Größe und einer Kapsel. Die Bewertung erfolgte mittels des PS-4, einem Score, der für die endoskopische Beurteilung des Tablettenschlucks in der Literatur bereits Verwendung findet. Ausgeschlossen wurden jene Patienten, denen aufgrund einer gravierenden Dysphagie in der FEES keine Tabletten gegeben werden konnten oder die den Fragebogen nicht ausreichend ausgefüllt hatten.
Ergebnisse: Es wurden 22 Patienten in die Studie eingeschlossen (14/8=männlich/weiblich, mittleres Alter=80). Als pathologisch wurde beim PS-4 ein Wert von >1 gewertet, also wenn die hängengebliebene Tablette nicht gespürt wurde oder eine effektive Reinigung nicht möglich war. Beim Pill-5 wurde gemäß der Literatur ein Wert von >6 als pathologisch gewertet. Hier zeigte sich eine Sensitivität von 54% und eine Spezifität von 63%. Wertet man beim Pill-5 bereits einen Wert von >3 als pathologisch, erhöht sich die Sensitivität auf 81%.
Schlussfolgerungen: Der PILL-5 kann mit Cut-off-Werten, die aktuell in der Literatur zu finden sind, nicht als Screening-Instrument für Einschränkungen beim Tablettenschluck bei Tumorpatienten verwendet werden. Es könnte jedoch sinnvoll sein, den Cut-off-Wert, angepasst an die Grunderkrankung, zu verändern. Für weitere Untersuchungen kann von Interesse sein, einen anderen Score für die Beurteilung des Tablettenschlucks in der FEES heranzuziehen.
Text
Hintergrund
Bis zu 66 % der Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren (KHT) leiden im Rahmen der Erkrankung unter Dysphagie, die durch Xerostomie, eine veränderte Gewebebeweglichkeit und Veränderungen sowie Beweglichkeitseinschränkungen der für das Schlucken erforderlichen anatomischen Strukturen verursacht werden [1].
Das durchschnittliche Erkrankungsalter für KHT liegt zwischen 50 und 60 Jahren; zu diesem Zeitpunkt sind viele Patienten bereits multimorbide und auf die Einnahme von Tabletten angewiesen. Verbleiben Tabletten oral oder pharyngal, vom Patienten bemerkt oder unbemerkt, kann dies zu einer veränderten Wirkung oder gar zu lokalen Reizungen der Schleimhaut führen. Der PILL-5- Fragebogen zum Schluckvermögen von Tabletten wurde 2019 auf Englisch für Dysphagie-Patienten validiert [2]. Ob er auch als Instrument geeignet ist, um die Störung der Tablettenaufnahme bei Patienten mit Dysphagie nach einer Tumortherapie sinnvoll zu erfassen, wird in diesem Beitrag vorgestellt.
Material und Methoden
Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden Patienten ermittelt, die in der Klinik für Hör-, Stimm- und Sprachheilkunde des UKE aufgrund einer nach einer Kopf-Hals-Tumorerkrankung bestehenden Dysphagie von 2021 bis 2025 untersucht wurden. Bei allen Patienten war eine FEES erfolgt und ein Pill-5-Fragebogen ausgehändigt worden. Die Untersuchung des Tablettenschlucks in der FEES erfolgte standardmäßig mit drei Tabletten unterschiedlicher Größe und einer Kapsel. Die Bewertung erfolgte mittels des PS-4, einem Score, der für die endoskopische Beurteilung des Tablettenschlucks in der Literatur bereits Verwendung findet.
Ausgeschlossen wurden jene Patienten, denen aufgrund einer gravierenden Dysphagie in der FEES keine Tabletten gegeben werden konnten oder die den Fragebogen nicht ausreichend ausgefüllt hatten.
Ergebnisse
Es wurden 22 Patienten in die Studie eingeschlossen (14/8= männlich/weiblich, mittleres Alter=80). Bei den Tumorentitäten handelte es sich meist um Plattenepithelkarzinome der oberen Atemwege, aber auch um zwei Schilddrüsenkarzinome. Die meisten Patienten hatten eine chirurgische Therapie und/oder eine (primäre) Radiotherapie, teilweise mit Chemotherapie, erhalten. Eine Untersuchung fand vor der geplanten Tumor-Therapie statt.
Als pathologisch wurde beim PS-4 ein Wert von >1 gewertet, also wenn die hängengebliebene Tablette nicht gespürt wurde oder eine effektive Reinigung nicht möglich war. Beim Pill-5 wurde gemäß der Literatur ein Wert von >6 als pathologisch gewertet. Hier zeigte sich eine Sensitivität von 54% und eine Spezifität von 63%. Wertet man beim Pill-5 bereits einen Wert von >3 als pathologisch, erhöht sich die Sensitivität auf 81%.
Diskussion/Schlussfolgerungen
Der PILL-5 kann mit Cut-off Werten, die aktuell in der Literatur zu finden sind, nicht als Screening-Instrument für Einschränkungen beim Tablettenschluck bei Tumorpatienten verwendet werden. Es könnte jedoch sinnvoll sein, den Cut-off-wert, angepasst an die Grunderkrankung, bspw. KHT versus neurologische Dysphagie, zu verändern. Für weitere Studien kann von Interesse sein, einer anderen noch differenzierteren Score für die Beurteilung des Tablettenschlucks in der FEES heranzuziehen.
References
[1] Pflug C, Müller F, Koseki JC, Petersen C, Nienstedt JC, Tribius S. Objective dysphagia is very common after radiotherapy in oropharyngeal cancer patients. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol. 2025 Jul;140(1):54-63.[2] Nativ-Zeltzer N, Bayoumi A, Mandin VP, Kaufman M, Seeni I, Kuhn MA, Belafsky PC. Validation of the PILL-5: A 5-Item Patient Reported Outcome Measure for Pill Dysphagia. Front Surg. 2019 Jul 24;6:43.
[3] Buhmann C, Bihler M, Emich K, Hidding U, Pötter-Nerger M, Gerloff C, Niessen A, Flügel T, Koseki JC, Nienstedt JC, Pflug C. Pill swallowing in Parkinson's disease: A prospective study based on flexible endoscopic evaluation of swallowing. Parkinsonism Relat Disord. 2019 May;62:51-6.