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Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Anti-CD19-CAR-T-Zellen führen zu einer stabilen Krankheitsremission bei therapierefraktärer ANCA-assoziierter Vaskulitis

Ioanna Minopoulou 1
Fredrik Albach 1
Artur Wilhelm 1
Arnd Kleyer 1
Edgar Wiebe 1
Anja Fleischmann 1
Mareike Frick 2
Frederik Damm 2
Dominik Borie 3
Vincent Casteleyn 1
Robert Biesen 1
Thomas Dörner 1
Elpida Phithak 1
Norman Drzeniek 1
Tobias Alexander 1
Jan Zernicke 1
Kamran Movassaghi 2
Marie Luise Hütter-Krönke 4
Eva Schrezenmeier 5
Adrian Schreiber 5
Udo Schneider 1
Lars Bullinger 2
Gerhard Krönke 1
Olaf Penack 2
David Simon 1
1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Berlin
2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, Berlin
3Kyverna Therapeutics, Emeryville
4Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Steglitz, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, Berlin
5Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin, Berlin

Text

Einleitung: Die ANCA-assoziierte Vaskulitis (AAV) ist durch einen Verlust der B-Zell-Toleranz gegenüber neutrophilen Granulatproteinen gekennzeichnet, was zur Produktion von ANCAs führt. ANCAs spielen eine zentrale Rolle in der Pathogenese der AAV, indem sie Neutrophile und Monozyten aktivieren, was zu Endothelschäden und Organschädigungen führt [1]. Die Wichtigkeit der ANCAs bei der Pathogenese von AAV wird durch die Wirksamkeit der Anti-CD 20-Therapie mit Rituximab unterstrichen. Bei bis zu 30% der Patienten gelingt es jedoch nicht, die Krankheit ausreichend zu kontrollieren, und bei über 40% kommt es zu Rezidiven, die eine lebenslange Behandlung mit Rituximab erfordern [2], [3]. Besonders bemerkenswert ist, dass 5% der AAV Patienten trotz Erhaltungstherapie mit Rituximab innerhalb von 18 Monaten ein Rezidiv erleiden [4]. Angesichts der Schlüsselrolle der B-Zellen in AAV können alternative Therapien wie Anti-CD19-CAR-T-Zellen für Patienten mit refraktärer AAV-Erkrankung Hoffnung bieten.

Methoden: Ein 52-jähriger Patient litt in den letzten 20 Jahren an einer schweren, therapierefraktären (Cyclophosphamid, Rituximab, Mycophenolat mofetil, Azathioprin und Methotrexat), rezidivierenden PR3-ANCA+ AAV, die verschiedene Organe (Lunge, Nieren, Gelenke, Haut, Sinonasaltrakt, Augen) befiel. Trotz wiederholter Behandlung mit Rituximab in den letzten 10 Jahren stellte er sich kürzlich mit Fieber, Gewichtsverlust, Myalgien, Arthralgien, Belastungsdyspnoe und produktivem Husten (BVAS Version 3 von 6) mit neuen Granulomen auf dem CT der Brust vor. Die Durchflusszytometrie des peripheren Blutes ergab wenige CD19+ B-Zellen (0,01/nl) ohne CD20-Expression, und serologische Tests zeigten erhöhte PR3-ANCA-Werte (121,1 AU/ml; normal <20 AU/ml). Die Reinduktionstherapie mit Rituximab (1.000 mg x2) und Avacopan führte zu einem unvollständigen Ansprechen mit Verbsserung der Belastungsdyspnoe und Stabilisierung des Gewichts. Der Patient litt jedoch weiterhin unter Myalgien und Arthralgien (BVAS Version 3 von 2). Aufgrund der Persistenz der Erkrankung wurden dem Patienten nach einer Konditionierungstherapie mit 300 mg/m2 Cyclophosphamid und 30mg/m2 Fludarabin täglich über drei Tage (Tage -5 bis -3) 1x108 anti-CD19 CAR-T-Zellen (KYV-101, Kyverna Therapeutics, Emeryville, CA, USA) verabreicht (Tag 0). Die Sicherheit und Wirksamkeit von Anti-CD19 CAR T wurde über einen Zeitraum von 7 Monaten untersucht.

Ergebnisse: Die Anti-CD19-CAR-T-Zellen vermehrten sich rasch im peripheren Blut und erreichten am 14. Tag einen Höchststand (315.666 CAR T/µl; 44,46% der gesamten CD3-Zellen), bevor sie in den folgenden sechs Wochen allmählich abnahmen. Nach der CAR-T-Infusion entwickelte der Patient ein Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) Grad 1 mit Fieber, jedoch ohne Hypotonie oder Hypoxie, das mit drei Gaben von 800 mg Tocilizumab behandelt wurde. Am 13. Tag entwickelte der Patient eine Neutropenie Grad 3 (mit einer minimalen Neutrophilenzahl von 0,57/nl), die nach zwei Gaben von 48.000.000 E Filgrastim innerhalb von zwei Tagen abklang. Es wurden weder ein Immuneffektorzell-assoziiertes Neurotoxizitätssyndrom (ICANS) noch Infektionen oder andere therapiebedingte Toxizitäten beobachtet. Der Patient berichtete zudem keine Arthralgien oder Myalgien, und die Granulome blieben 132 Tage nach der Anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie auf dem Thorax-CT stabil (BVAS Version 3 von 0). CD19+ B-Zellen verschwanden nach 7 Tagen vollständig und traten erst 6 Monate nach der Anti-CD19-CAR-T-Zell-Therapie wieder auf (Abbildung 1). Bei der letzten Nachuntersuchung (Monat 7) traten keine neuen AAV-bezogenen Symptome (BVAS Version 3 von 0) auf, obwohl die immunsuppressive Behandlung abgesetzt wurde und die CD19+ B-Zellen wieder auftauchten.

Schlussfolgerung: Die Anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie könnte eine sichere und vielversprechende Behandlungsoption für die kleine Untergruppe von AAV-Patienten sein, die trotz laufender Rituximab-Therapie immer wieder Rezidive erleiden.


Literatur

[1] Kitching AR, Anders HJ, Basu N, Brouwer E, Gordon J, Jayne DR, Kullman J, Lyons PA, Merkel PA, Savage COS, Specks U, Kain R. ANCA-associated vasculitis. Nat Rev Dis Primers. 2020 Aug 27;6(1):71. DOI: 10.1038/s41572-020-0204-y
[2] Smith RM, Jones RB, Guerry MJ, Laurino S, Catapano F, Chaudhry A, Smith KG, Jayne DR. Rituximab for remission maintenance in relapsing antineutrophil cytoplasmic antibody-associated vasculitis. Arthritis Rheum. 2012 Nov;64(11):3760-9. DOI: 10.1002/art.34583
[3] Pagnoux C, Hogan SL, Chin H, Jennette JC, Falk RJ, Guillevin L, Nachman PH. Predictors of treatment resistance and relapse in antineutrophil cytoplasmic antibody-associated small-vessel vasculitis: comparison of two independent cohorts. Arthritis Rheum. 2008 Sep;58(9):2908-18. DOI: 10.1002/art.23800
[4] Guillevin L, Pagnoux C, Karras A, Khouatra C, Aumaître O, Cohen P, Maurier F, Decaux O, Ninet J, Gobert P, Quémeneur T, Blanchard-Delaunay C, Godmer P, Puéchal X, Carron PL, Hatron PY, Limal N, Hamidou M, Ducret M, Daugas E, Papo T, Bonnotte B, Mahr A, Ravaud P, Mouthon L; French Vasculitis Study Group. Rituximab versus azathioprine for maintenance in ANCA-associated vasculitis. N Engl J Med. 2014 Nov 6;371(19):1771-80. DOI: 10.1056/NEJMoa1404231