Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Gibt’s das – Riesenzallarteriitis ohne CRP?
Text
Einleitung: Die Riesenzellarteriitis (RZA) ist die häufigste Vaskulitis des Erwachsenen. Üblicherweise sind neben klinischen Symptomen wie temporalem Kopfschmerz, allgemeinem Krankheitsgefühl und Visusverlust auch erhöhte CRP- und BSG-Werte zu erwarten. Nichts destotrotz sind erhöhte Entzündungsparameter nicht obligat und deren Fehlen kann zur Diagnoseverzögerung führen. Ziel dieser Studie war es, den Anteil von Patienten ohne erhöhte Entzündungsparameter zu ermitteln.
Methoden: Patienten mit neu diagnostizierter RZA der letzten 30 Jahre (1994 bis 2024) wurden retrospektiv ausgewertet und der Anteil ohne erhöhte Entzündungsparameter (BSG <11 mm/h und CRP <5,0 mg/L galten als normal) ermittelt. Klinische Parameter einschließlich Geschlecht, Alter, klinische Präsentation, Vordiagnosen und Vormedikation wurden erfasst. Die Sicherung der RZA-Diagnose erfolgte in der Regel via Duplex-Sonografie. Alternativ wurde die Diagnose histologisch oder mittels Sonografie-Verlauf gestellt. Bei keinem Patienten erfolgte eine Änderung der RZA-Diagnose innerhalb der nächsten 6 Monate.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 1.204 Patienten ausgewertet. CRP- oder BSG-Werte lagen bei 1.117 Patienten vor. Keiner der Patienten wurde zuvor mit Glukokortikoiden behandelt. Bei acht Patienten (0,7%; 5 weiblich, 3 männlich) mit sonografisch nachgewiesener RZA lagen die Entzündungsparameter im Normbereich. Hierunter wiesen zwei Patienten zusätzlich eine PMR-Symptomatik auf. Alle acht Patienten hatten temporale Kopfschmerzen, vier wiesen eine Kau-Claudicatio auf und sechs Patienten hatten tastbar verhärtete Temporalarterien.
Sonografisch war 6-mal der R. frontalis, 1-mal die A. temporalis superficialis communis und 1-mal der R. parietalis betroffen. Zweimal konnte die RZA histologisch bestätigt werden. In 3 Fällen konnte der klinische und sonografische Verlauf die Diagnose bestätigen. Zu 3 Patienten lagen keine Verlaufsdaten vor.
Schlussfolgerung: Die Studie bestätigt, dass die humoralen Entzündungsparameter bei RZA in seltenen Fällen (hier 0,7%) normal sein können. Prozentuale Angaben zu Patientenzahlen mit RZA ohne CRP/BSG Erhöhung schwanken zwischen 1,2% und 30% [1]. Fehlende Erhöhung der Entzündungsparameter kann behandelnde Ärzte verunsichern und zu Diagnoseverzögerung und falschen Therapiekonsequenzen führen. Kein Patient unserer Kohorte wies einen Befall extrakranieller Gefäße auf. In der Literatur wird dies nur in Einzelfällen beschrieben [2]. Im Vordergrund der Symptome lagen bei uns typische Kopfschmerzen, verhärtete A. temporalis und eine Kau-Claudicatio. In der Literatur werden im Gegensatz zu unserer Kohorte zudem Symptome einer Polymyalgia rheumatica beschrieben [3]. Normale Entzündungsparameter schließen eine RZA nicht aus. Bei hochgradigem Verdacht auf eine RZA sollte auch ohne Erhöhung der humoralen Entzündungswerte eine Therapie eingeleitet werden, um einen Visusverlust zu verhindern.
Literatur
[1] Grzybowski A, Justynska A. Giant cell arteritis with normal ESR and/or CRP is rare, but not unique! Eye (Lond). 2013 Dec;27(12):1418-9. DOI: 10.1038/eye.2013.208[2] Müller F, Pfob CH, Wahle M. Unklare Ursache einseitiger Erblindung bei normwertigen Entzündungsparametern [Unclear cause of unilateral blindness with normal inflammation parameters]. Z Rheumatol. 2024 Dec;83(10):852-5. German. DOI: 10.1007/s00393-024-01531-w
[3] Mahgoub AE, Tessema S, Nakhleh R. Normal ESR, CRP and Platelet Count in Giant Cell Arteritis and Polymyalgia Rheumatica: A Diagnostic Conundrum. Eur J Case Rep Intern Med. 2022 Feb 21;9(2):003192. DOI: 10.12890/2022_003192