Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Prävalenz der Sicca-Symptomatik beim Post-COVID-Syndrom
2Zentrum für Seltene Erkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
3Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
4Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
Text
Einleitung: Unter einem Post-COVID-Syndrom (PCS) werden laut Weltgesundheitsorganisation SARS-CoV-2-assoziierte Symptome zusammengefasst, welche mehr als 3 Monate nach der Infektion noch vorhanden sind oder wiederkehren und den Alltag beeinträchtigen. Das PCS zeigt individuell einen unterschiedlichen Verlauf, hierbei treten neben Belastungsintoleranz und chronischer Fatigue oft weitere Symptome auf. Es konnte gezeigt werden, dass virale Infektionen u.a. mit SARS-CoV-2 in präklinischen Modellen zu einer Speichel- und Tränendrüsenbeteiligung führen [1], [2]). In einer Fallserie zeigten sich nach intensivpflichtiger COVID-19 Infektion vermehrte Sicca-Symptome [3]. Die Prävalenz des Sicca-Syndroms bei Patient*innen mit PCS nach milder Infektion ist bislang unbekannt.
Methoden: Eine Kohorte von 243 Post-COVID-Patient*innen mit initial mildem Infektverlauf und dem Leitsymptom chronische Fatigue wurde mittels standardisierter Symptomfragebögen, Anamnese, Laboruntersuchungen und Saxon Schirmer Test auf das Vorliegen eines Sicca-Syndroms untersucht.
Ergebnisse: 76,5% der Patient*innen unserer Kohorte haben eine subjektive und/oder objektive Sicca-Symptomatik. 44,4% der Post-COVID-Patient*innen berichten über eine Augentrockenheit und 39,1% über eine Mundtrockenheit. Unter Hinzunahme weiterer Sicca-Symptome wie Augenrötung und konstantes Sandkorngefühl geben 63,8% mindestens ein subjektives Sicca-Symptom an. Unter Arthralgien leiden 61,3% der Patient*innen, Myalgien geben 86,4% der Patient*innen an. Die Auswertung des Saxon-Schirmer Tests ergibt, dass 44,9% der Patient*innen einen pathologischen Saxon-Schirmer Test aufweisen. Von diesen geben 72,5% eine subjektive Sicca-Symptomatik an, allerdings erhalten 52,3% eine Medikation mit diesbezüglich potentiell relevanten Nebenwirkungen. Die Laboruntersuchungen zeigen eine erhöhte Prävalenz von positiven ANA (≥ 1:160) bei 30,5% der Patient*innen, während 0,4% einen positiven SS-A-Ak haben. 14,0% der Patient*innen zeigen einen positiven Rheumafaktor, bei 8,2% findet sich eine Erhöhung des alpha-Fodrin IgA-Ak und bei 8,6% ein C3-Komplementverbrauch.
Schlussfolgerung: Das Post-COVID-Syndrom geht mit einer hohen Prävalenz einer subjektiven und/oder objektiven Sicca-Symptomatik einher. Während in einer Meta-Analyse die Prävalenz der okulären Sicca-Symptomatik in der Normalbevölkerung mit 8,1% ermittelt wurde [4], so berichten 44,4% der von uns untersuchten Patient*innen über eine Augentrockenheit, 64% der Post-COVID-Patient*innen geben mindestens ein subjektives Sicca-Symptom an. Eine objektive Sicca-Symptomatik ließ sich in 44,9% der Fälle nachweisen. Ein relevanter Anteil der Patient*innen zeigt auffällige Laborwerte, insbesondere positive ANA, positive Rheumafaktoren und einen C3-Komplementverbrauch. Daher sollte eine Sicca-Symptomatik bei der Evaluation von Post-COVID-Patient*innen erhoben und ggf. weiter abgeklärt werden.
Literatur
[1] Shen Y, Voigt A, Goranova L, Abed M, Kleiner DE, Maldonado JO, Beach M, Pelayo E, Chiorini JA, Craft WF, Ostrov DA, Ramiya V, Sukumaran S, Brown AN, Hanrahan KC, Tuanyok A, Warner BM, Nguyen CQ. Evidence of a Sjögren's disease-like phenotype following COVID-19 in mice and humans. JCI Insight. 2023 Dec 22;8(24):e166540. DOI: 10.1172/jci.insight.166540[2] Ma D, Feng Y, Lin X. Immune and non-immune mediators in the fibrosis pathogenesis of salivary gland in Sjögren's syndrome. Front Immunol. 2024 Oct 14;15:1421436. DOI: 10.3389/fimmu.2024.1421436
[3] Melo TS, Beltrão RC, Mendonça AFT, Duarte ÂLBP, Gueiros LA. Sicca symptoms in post-acute COVID-19 syndrome. Oral Dis. 2022 Nov;28 Suppl 2:2620-1. DOI: 10.1111/odi.14159
[4] McCann P, Abraham AG, Mukhopadhyay A, Panagiotopoulou K, Chen H, Rittiphairoj T, Gregory DG, Hauswirth SG, Ifantides C, Qureshi R, Liu SH, Saldanha IJ, Li T. Prevalence and Incidence of Dry Eye and Meibomian Gland Dysfunction in the United States: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Ophthalmol. 2022 Dec 1;140(12):1181-92. DOI: 10.1001/jamaophthalmol.2022.4394