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Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Assoziationen mit Fatigue bei rheumatoider Arthritis – sind lineare Erklärungen zu einfach gedacht?

Adrian Richter 1,2
Angela Zink 1,3
Christina Eisterhues 4
Xenofon Barialiakos 5
Doreen Huschek 1
Anja Strangfeld 1,6
1Deutsches Rheuma-Forschungszentrum, Epidemiologie und Versorgungsforschung, Berlin
2Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, SHIP-KEF: Klinisch-Epidemiologische Forschung, Greifswald
3Wissenschaftlicher Beirat RABBIT, Berlin
4Rheumatologische Praxis, Braunschweig
5Ruhr Universität Bochum, Rheumazentrum Ruhrgebiet, Rheumatologie, Herne
6Charité Universitätsmedizin Berlin, Rheumatologie und klinische Immunologie, Berlin

Text

Einleitung: In der Literatur gibt es uneinheitliche Aussagen über den Zusammenhang zwischen verschiedenen Faktoren und der Fatigue bei Patient*innen mit rheumatoider Arthritis (RA). Dies betrifft insbesondere das Alter, die Krankheitsdauer und saisonale Variabilität [1]. Fälschliche Annahmen über lineare Zusammenhänge könnten die widersprüchlichen Ergebnisse erklären [2]. Diese explorative Studie untersucht die Plausibilität nicht-linearer Zusammenhänge mit Fatigue.

Methoden: Wir analysierten Daten von 6.196 RA-Patient*innen, die zwischen 2017–2023 in das RABBIT Register eingeschlossen wurden. Assoziationen mit Fatigue wurden für Alter, Geschlecht, C-reaktives Protein (CRP), Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), DAS28-BSG, Anzahl druckschmerzhafter/geschwollener Gelenke (TJC/SJC), Schmerz, Morgensteifigkeit, körperlicher Funktionsfähigkeit, subjektiven Gesundheitszustand, Schlafstörungen und Body-Mass-Index (BMI) untersucht. Der Zeitpunkt des Einschlusses in RABBIT wurde als kontinuierliche Kovariable berücksichtigt, um saisonale Variabilität (SV) der Fatigue (numerische Ratingskala: 0–10) zu analysieren. Nicht-lineare Zusammenhänge wurden mit Spline-Funktionen modelliert und mit linearen Assoziationen verglichen. Mittels Resampling-Techniken (Bootstrap), dem Bayes’schen Informationskriterium (BIC) und der Vorhersagegenauigkeit in unabhängigen Daten wurde die Robustheit der Ergebnisse bewertet [3].

Ergebnisse: In 95% der 2.000 Bootstrap-Stichproben zeigte sich ein nicht-linearer Zusammenhang zwischen Alter und Fatigue anhand von niedrigerem BIC und besserer Vorhersagegenauigkeit als überlegene Assoziationsform (Abbildung 1, Panel A [Fig. 1]). Ähnliche Ergebnisse fanden sich für die körperliche Funktion (100% der Stichproben), Morgensteifigkeit (100%) und TJC (95,1%) (Abbildung 1 Panels B [Fig. 1] bis D [Fig. 1]). Kein Hinweis auf nicht-lineare Zusammenhänge ergab sich für Krankheitsdauer (2,9%), CRP (0,3%), BSG (0,7%), DAS28-BSG (0,45%) und SJC (0,4%); hier waren lineare Zusammenhänge überlegen. Weniger deutliche Ergebnisse zeigten sich für Schlafstörungen (27,7%), Schmerz (30,2%), BMI (41,5%, Panel E) und SV (28,5%). Für BMI und SV ergaben sich eine bessere Vorhersagegenauigkeit in unabhängigen Daten, wenn sie nicht-linear modelliert wurden (BMI: 83,6%, SV: 70,7%). Es gab keine Hinweise für eine innerjährliche, saisonale Variabilität; dagegen für erhöhte Fatigue während der COVID-19-Pandemie (Abbildung 1 Panel F [Fig. 1]).

Abbildung 1: Assoziationsformen zwischen Kovariablen und Fatigue. Durchgezogene Linien entsprechen nicht-linearen Assoziationen, die gestrichelten Linien der konventionellen, linearen Form. * Die zusätzliche gestrichelte Linie in Panel F beschreibt den Zusammenhang entsprechend dem Median; alle anderen Linien beziehen sich auf modelbasierten Mittelwerten der Fatigue.

Schlussfolgerung: Diese Studie zeigt einen Erklärungsansatz für frühere teils widersprüchliche Ergebnisse. Es ist deutlich, dass u.a. der Zusammenhang zwischen Fatigue und Alter nicht-linear verläuft. So ist zwar im Alter bei Renteneintritt zunächst eine Verringerung der Fatigue zu beobachten, jedoch nimmt diese nicht grundsätzlich mit höherem Alter ab, wie lineare Modelle nahelegen. Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass die Annahme linearer Zusammenhänge stets überprüft werden sollte. Bei einem Drittel der untersuchten Merkmale fand sich in dieser Studie Evidenz gegen Linearität.


Literatur

[1] Beckers E, Hermans K, Van Tubergen A, Boonen A. Fatigue in patients with rheumatic and musculoskeletal diseases: a scoping review on definitions, measurement instruments, determinants, consequences and interventions. RMD Open. 2023;9:e003056. DOI: 10.1136/rmdopen-2023-003056
[2] Chesnaye NC, van Diepen M, Dekker F, Zoccali C, Jager KJ, Stel VS. Non-linear relationships in clinical research. Nephrology Dialysis Transplantation. 2025 Feb;40(2):244-54. DOI: 10.1093/ndt/gfae187
[3] Richter A, Ulbricht S, Brockhaus S. Categorization of continuous covariates and complex regression models-friends or foes in intersectionality research. J Clin Epidemiol. 2024 Jul;171:111368. DOI: 10.1016/j.jclinepi.2024.111368