Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Sjögren-Syndrom und Myositis – Charakterisierung einer seltenen Erkrankungsmanifestation
2Ludwig-Maximilians-Universität München, Department Psychologie, München
3Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Neurologie mit klinischer Neurophysiologie, Hannover
Text
Einleitung: Das Sjögren-Syndrom (SjS) gehört zu den häufigsten Krankheitsbildern unter den Kollagenosen und kann mit vielfältigen systemischen Erscheinungen einhergehen. Mit einer berichteten Prävalenz von ca. 1:100 [1], stellen Myositiden eine seltene Manifestation des SjS dar. Ziel unserer Studie war die Charakterisierung von SjS-PatientInnen mit Myositis sowie der Vergleich des betroffenen PatientInnenkollektivs mit SjS-PatientInnen ohne Muskelbeteiligung.
Methoden: Die vorliegende Studie wurde als retrospektive Datenanalyse konzipiert. Eingeschlossen wurden alle SjS-PatientInnen, welche die zum Diagnosezeitpunkt gültigen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien erfüllten. SjS-PatientInnen der Myositis-Kohorte mussten mindestens sechs Punkte in der muskulären Kategorie des ESSDAI [2] aufweisen und wurden sowohl alters- und geschlechtsspezifisch gematchten SjS-Kontrollen als auch der gesamten SjS-Kohorte vergleichend gegenübergestellt. Die statistische Datenanalyse erfolgte über R-Studio, wobei die Ergebnisauswertung des Gesamtkohortenvergleichs erst zum DGRh-Kongress vorliegen wird.
Ergebnisse: In unserer SjS-Kohorte traten Myositiden mit einer Prävalenz von 4,0% (26/655) auf. Das durchschnittliche Erkrankungsalter betrug 56,39 Jahre, das Geschlechterverhältnis zwischen männlichen und weiblichen Betroffenen 12/14. Eine detaillierte Charakterisierung der Myositis-Kohorte nach verschiedenen Gesichtspunkten zeigt Tabelle 1 [Tab. 1].
Signifikante Unterschiede zwischen SjS-PatientInnen mit Myositis und isoliertem SjS bestehen hinsichtlich des Nachweises SjS-spezifischer Antikörper (p = 0,005 bzw. p = 0,017) sowie der Höhe von Immunglobulinen der Klasse G (p = 0,022). Weitere signifikante Unterschiede zeigen sich bezüglich der Erkrankungsaktivität (ESSDAI) bei Erstdiagnose (p < 0,001) und im Follow Up (p = 0,003), der Häufigkeit eines Therapieansprechens gemessen am Minimal Clinical Improvement (MCI [3]) (p =0,018), sowie der Anzahl an über den Behandlungsverlauf eingenommenen Medikamenten (p < 0,001).
Schlussfolgerung: Myositiden stellen bekanntermaßen eine seltene Manifestationsform des SjS dar und präsentieren sich oftmals als proximal betonte Para- bzw. Tetraparese. Betroffene SjS-PatientInnen scheinen sich durch ein vergleichsweise frühes SjS-Erkrankungsalter und ein überproportional häufiges Betroffensein des männlichen Geschlechts auszuzeichnen. Sicca-Symptome treten bei SjS-PatientInnen mit Myositis größtenteils zeitgleich zu muskulären Symptomen auf und manifestieren sich scheinbar analog zum Vergleichskollektiv. SjS-PatientInnen mit Myositis zeigen in unserer Kohorte eine höhere Krankheitsaktivität, was sich nicht nur in serologischen Parametern, sondern auch im ESSDAI und der Medikation im Therapieverlauf zeigt. Die im Rahmen des SjS auftretenden Myositiden sprechen vergleichsweise gut auf eine immunsuppressive Therapie an, sodass viele Myositis-PatientInnen trotz erhöhter Erkrankungsschwere ein MCI erreichen.
Tabelle 2 [Tab. 2]
References
[1] Felten R, Giannini M, Nespola B, Lannes B, Levy D, Seror R, Vittecoq O, Hachulla E, Perdriger A, Dieude P, Dubost JJ, Fauchais AL, Le Guern V, Larroche C, Dernis E, Guellec D, Cornec D, Sibilia J, Mariette X, Gottenberg JE, Meyer A. Refining myositis associated with primary Sjögren's syndrome: data from the prospective cohort ASSESS. Rheumatology (Oxford). 2021 Feb 1;60(2):675-81. DOI: 10.1093/rheumatology/keaa257[2] Seror R, Theander E, Brun JG, Ramos-Casals M, Valim V, Dörner T, Bootsma H, Tzioufas A, Solans-Laqué R, Mandl T, Gottenberg JE, Hachulla E, Sivils KL, Ng WF, Fauchais AL, Bombardieri S, Valesini G, Bartoloni E, Saraux A, Tomsic M, Sumida T, Nishiyama S, Caporali R, Kruize AA, Vollenweider C, Ravaud P, Vitali C, Mariette X, Bowman SJ; EULAR Sjögren's Task Force. Validation of EULAR primary Sjögren's syndrome disease activity (ESSDAI) and patient indexes (ESSPRI). Ann Rheum Dis. 2015 May;74(5):859-66. DOI: 10.1136/annrheumdis-2013-204615
[3] Seror R, Bootsma H, Saraux A, Bowman SJ, Theander E, Brun JG, Baron G, Le Guern V, Devauchelle-Pensec V, Ramos-Casals M, Valim V, Dörner T, Tzioufas A, Gottenberg JE, Solans Laqué R, Mandl T, Hachulla E, Sivils KL, Ng WF, Fauchais AL, Bombardieri S, Priori R, Bartoloni E, Goeb V, Praprotnik S, Sumida T, Nishiyama S, Caporali R, Kruize AA, Vollenweider C, Ravaud P, Meiners P, Brito-Zerón P, Vitali C, Mariette X; EULAR Sjögren's Task Force. Defining disease activity states and clinically meaningful improvement in primary Sjögren's syndrome with EULAR primary Sjögren's syndrome disease activity (ESSDAI) and patient-reported indexes (ESSPRI). Ann Rheum Dis. 2016 Feb;75(2):382-9. DOI: 10.1136/annrheumdis-2014-206008