Logo

Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Verborgene Gemeinsamkeit: MHC-I als Schlüssel zu Sakroiliitis und Venenentzündung – ein faszinierender Fallbericht

Margaretha Löst 1
Markus Schramm 1
Ilona Jandova 1
Cornelia Glaser 1
Nils Venhoff 1
1Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Freiburg

Text

Vorgeschichte: Es erfolgte die stationäre Aufnahme eines 44-jährigen Patienten bei akuter, schmerzbedingter Einschränkung des Gehens, mit Symptombeginn nach einer 20-stündigen Autofahrt von Kroatien nach Deutschland. Wegen hohem Analgetika-Bedarf (Metamicol 4x 1.000 mg/Tag, Pregabalin 3x 25 mg/Tag) war extern eine 3-tägige Glukokortikoidstoßtherapie (100 mg Prednisolon/Tag) begonnen worden, die keine wesentliche Besserung gebracht hatte. Der Patient ist Raucher und hat außer einer arteriellen Hypertonie keine Vorerkrankungen.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Bei Übernahme des Patienten standen immobilisierende Schmerzen, eine symmetrische Umfangszunahme beider Unterschenkel, Arthralgien beider Sprunggelenke, schmerzhafte Verhärtungen der Achillessehnen und multiple druckdolente, subkutan verhärtete, rötliche Effloreszenzen an beiden Unterschenkeln im Vordergrund. Des Weiteren wurden seit ca. 5 Jahren bestehende, chronisch-rezidivierende LWS-betonte Rückenschmerzen berichtet, die erfolgreich mit NSAR behandelt wurden.

Diagnostik: Initial bestand eine ausgeprägte Entzündungskonstellation mit Leukozytose (15,96 Tsd/µl), normozytär, normochromer Anämie (Hb 11,8 g/dl), Thrombozytose (436 Tsd/µl) sowie deutlich erhöhtem CRP (97,4 mg/l). Das Autoantikörper-Screening ergab keinen wegweisenden Befund (Rheumafaktor, anti-CCP, ANA-IFT, ANCA-IFT negativ). Bei Normwerten für Neopterin und löslichen IL2-Rezeptor sowie unauffälligem Röntgen-Thorax wurde ein Löfgren-Syndrom ausgeschlossen. In der duplexsonographischen Untersuchung ergab sich kein Hinweis auf eine Beinvenenthrombose oder Thrombophlebitis. Die Vena saphena parva zeigte jedoch beidseits eine zirkuläre, inhomogene Wandverdickung mit „venösem Halozeichen“. Im Ultraschall imponierten außerdem eine beidseitige OSG-Arthritis und Achillessehnentendinitis. Die am Unterschenkel links entnommene Hautbiopsie wurde als tiefes dermales, neutrophilenreiches Entzündungsinfiltrat mit Leukozytoklasie befundet. Ein Pathergietest fiel negativ aus. Orale oder genitale Aphthen waren dem Patienten nicht erinnerlich. Das bei Verdacht auf axiale Spondyloarthritis mit peripherer Beteiligung veranlasste MRT-Becken zeigte eine symmetrische Sakroiliitis mit Zeichen aktiver Inflammation. Es ergab sich kein Hinweis einer gastrointestinalen Beteiligung. Eine Uveitis wurde ophthalmologisch ausgeschlossen. Wir stellten die Erstdiagnose einer axialen Spondyloarthritis mit peripherer Beteiligung sowie die Verdachtsdiagnose eines Morbus Behçet. Die konsekutiv veranlasste humangenetische Testung ergab einen positiven Befund für HLA-B51 und ein negatives Ergebnis für HLA-B27. Die erweiterte Familienanamnese zeigte sich auf väterlicher Seite positiv für Spondyloarthritiden.

Therapie: Bei ausgeprägter Krankheitsaktivität und unzureichendem NSAR-Ansprechen erfolgte eine Therapie mit dem TNF-alpha-Blocker Adalimumab (1x 40 mg sc., 14-tägig). Die Prednisolon-Therapie und die Analgetika konnten in der Dosis schrittweise reduziert werden.

Weiterer Verlauf: Bei ambulanter Wiedervorstellung nach 6 Wochen zeigten sich klinisch und laborchemisch keine Hinweise auf eine entzündliche Aktivität der axialen Spondyloarthritis und des vermuteten Morbus Behçet. Die Therapie mit Adalimumab wurde bei guter Verträglichkeit fortgesetzt, die Glukokortikoide wurden komplett ausgeschlichen und die Schmerzmedikation nur noch bei Bedarf eingenommen. Auch wenn die Diagnosekriterien (ICBD 2014) für einen Morbus Behçet nicht erfüllt waren, ist eine Überlappung dieser MHC-1-assoziierten Erkrankungen gut denkbar und mit TNF-alpha-Blockade ein bei beiden Erkrankungen wirksames Therapieprinzip gewählt worden.