Deutscher Rheumatologiekongress 2025
Deutscher Rheumatologiekongress 2025
Sind Patient:innen mit systemischem Lupus erythematodes bereit für den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Gesundheitsversorgung?
2Klinik für Rheumatologie & Klinische Immunologie, KEM, Evang. Krankenhaus Essen-Werden, Essen
3Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne
4Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V., Wuppertal
Text
Einleitung: Künstliche Intelligenz (KI) verändert die digitale Landschaft und unser tägliches Leben in vielen Bereichen. Die Nutzung von KI in der Medizin wird die Arzt-Patienten-Beziehung zunehmend beeinflussen: Schnellere und „genauere“ Diagnosen, personalisierte Behandlungspläne auf Basis umfassender individueller Daten eines Patienten und die frühzeitige Identifikation von Risikofaktoren scheinen möglich. Ziel dieser Arbeit war es, die Einstellungen chronisch Kranker zu dieser disruptiven Entwicklung zu erfassen.
Methoden: Die Lupus Langzeitstudie ist eine prospektive Patientenbefragung von Lupuspatient:innen deutschlandweit. Im Jahr 2024 befragten wir die Teilnehmer:innen zu ihren Meinungen zu dem Szenario von „rund um die Uhr verfügbarer digitaler KI-Ärzte im Handy oder der Smartwatch, die mithilfe kontinuierlicher Überwachung individueller Gesundheitsdaten sowie umfangreicher medizinischer Datenbanken Diagnosen und Therapieoptionen vorschlagen und diese menschenähnlich in verständlicher Sprache kommunizieren“.
Ergebnisse: 169 SLE-Patient:innen (91,7% weiblich) mit einem mittleren Alter von 48,7 Jahren und einer Krankheitsdauer von 17,6 Jahren nahmen teil. Die Empfindungen auf einer bipolaren Skala mit 13 Item-Paaren tendierten überwiegend zum negativen Pol, am deutlichsten bei den Paaren Vertrauen/Misstrauen, Erleichterung/Sorge und Sympathie/Antipathie; eine Ausnahme stellte das Paar Interesse und Gleichgültigkeit dar. Als potentieller Anbieter wurde ein Konsortium aus Bundesministerium für Gesundheit, Leistungserbringer und Kostenträger favorisiert (61,3%). Krankenkassen alleine (46%) und insbesondere Privatunternehmen (<10%) schnitten schlechter ab. Die drei meistgenannten Anforderungen an das System waren: Datensicherheit (78,1%), Überwachung der Empfehlungen durch ein Ärzt:innen-Team (74,4%) und Studien mit „echten“ Patient:innen (58,8%). 27,1% würden einem solchen System keine persönlichen Daten zur Verfügung stellen, am größten war die Bereitschaft zum Teilen von Gesundheitsdaten aus Praxen und Kliniken (66,5%). Nur 6,6% würden einer KI-Empfehlung direkt folgen, 76,8% würden diese als Diskussionsgrundlage für eine Diskussion mit ihren Gesundheitsversorgern sehen.
Schlussfolgerung: Aktuell besteht bei Lupus-Patient:innen eine deutliche Skepsis gegenüber KI-gestützten digitalen Ärzt:innen, insbesondere hinsichtlich Vertrauen und Sicherheit. Die offensichtliche Angst der Befragten könnte durch ein staatlich bereitgestelltes, reguliertes System mit ärztlicher Überwachung, Datensicherheit, Transparenz und klinischer Validierung überwunden werden. Die geringe Bereitschaft, KI-Empfehlungen direkt zu befolgen, unterstreicht den Wunsch nach einer unterstützenden, aber nicht ersetzenden Rolle der KI in der medizinischen Versorgung. Die reale Arzt-Patienten-Interaktion bleibt zentral.
Offenlegungserklärung: Die Forschung wurde durchgeführt mit finanzieller Unterstützung von AstraZeneca und GlaxoSmithKline.