German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Veränderung des Pflegegrads nach proximaler Humerusfraktur
2Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universität Münster, Münster, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Die proximale Humerusfraktur (PHF) ist die dritthäufigste Fraktur bei älteren Menschen. Einschränkungen in der Selbständigkeit und damit auch eine Erhöhung des Pflegegrades (PGs) können die Folge sein. Ziel dieser Studie ist es Unterschiede in Pflegebedürftigkeit zwischen verschiedenen Behandlungsmethoden (konservativ und chirurgisch) zu beschreiben.
Material und Methoden: Retrospektive Krankenkassendaten der BARMER wurden zwischen 01/17-09/22 analysiert. Patient*innen wurden anhand des bereits bestehenden Pflegegrads (Kein PG, PG I–V) gruppiert. Primäre Endpunkte waren Gesamtüberleben, schwere unerwünschte Ereignisse, Anstieg des PG und die Notwendigkeit einer stationären Betreuung in einer Pflegeeinrichtung nach Fraktur. Alle Endpunkte wurden über Kaplan-Meier bzw. Aalen-Johansen Schätzer (Time-to-Event Analysen) abgebildet. Dabei wurde über multivariable Modelle das individuelle Profil der Patient*innen berücksichtigt, um adjustiert mögliche Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen evaluieren zu können.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 55.862 Patient*innen (medianes Alter 79 Jahre; 84% Frauen) eingeschlossen. Bei 68% lag vor der PHF kein PG vor (PG I 3%, PG II 12%, PG III 11%, PG IV 6%, PG V 1%), bei 8% erfolgte bereits vor PHF eine stationäre Betreuung. Mit zunehmendem PG steigt der Anteil an Patient*innen mit konservativer Behandlung (Kein PG: 52% vs. PG V: 76%) und die Wahrscheinlichkeit für einen schlechteren Verlauf. Es nehmen sowohl die Raten an Verstorbenen, als auch die Raten an schweren unerwünschten Ereignis innerhalb des ersten Jahres mit steigen PG zu (1-Jahresmortalität: kein PG 4%, PG I 12%, PG II 19%, PG III 29%, PG IV 41%, PG V 50%). Innerhalb des ersten Jahres kam es bei 26% (95%CI 26-27%) zu einer Zunahme des PG. Nach Adjustierung auf das gesamte Patient*innen-Profil und stratifiziert nach PG vor Fraktur zeigten sich Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen: Patient*innen, die mittels winkelstabiler Plattenosteosynthese (WPO) behandelt wurden, zeigten ein geringeres Risiko für die Zunahme des PG im Vergleich zur konservativen Therapie (HR 0,93; 95%CI 0,88-0,98; p<0,001). Die Behandlung mit inverser Schulterendoprothese (ISE) war jedoch mit einem höheren Risiko für die Zunahme des PGs im Vergleich zur konservativen Therapie assoziiert (HR 1,37; 95%CI 1,31-1,43; p<0,001). Nach einem Jahr benötigen 9,6% (9,3-9,9%) eine stationäre Pflege. Die WPO war mit einem geringeren Risiko für eine stationäre Pflege nach PHF assoziiert (p<0,001); für die ISE zeigt sich im Vergleich zur konservativen Therapie kein Unterschied (p=0,061).
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Pflegebedürftigkeit hat einen entscheidenden Einfluss auf das Outcome nach PHF bei älteren Es konnte der Bezug der Behandlungsmethode zur Pflegebedürftigkeit erstmals beschrieben und quantifiziert werden. Dies bildet die Grundlage für Kosten-effektivitäts-Analysen und weitere gesundheitspolitische Entscheidungen.



