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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

„Return to Work“ nach isolierter Wirbelsäulenverletzung: Wer kehrt wann zurück?

Philipp Raisch 1
Tabea Hirth 1
Michael Kreinest 1
Sven Vetter 1
Paul Alfred Grützner 1
Matthias Jung 1
1Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, BG Klinik Ludwigshafen, Ludwigshafen am Rhein, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Eine Wirbelsäulenverletzung stellt einen Einschnitt in private und berufliche Lebensbereiche dar, selbst wenn keine Rückenmarkverletzung mit Querschnittlähmung vorliegt. Diese Studie sollte die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit („Return to work“, RTW) in dieser Patientengruppe untersuchen und Einflussfaktoren auf frühes oder spätes und ausbleibendes RTW identifizieren.

Material und Methoden: Im ersten Schritt erfolgte eine retrospektive Analyse klinischer Daten von Patienten mit Wirbelsäulenverletzung mit stationärer Therapie an einem überregionalen Traumazentrum von 2016 bis 2020. Es wurden Patienten bis 60 Jahre, die vor der Verletzung berufstätig waren, eingeschlossen. Ausgeschlossen wurden Patienten mit relevanten Begleitverletzungen: Rückenmark-, Becken-, Extremitätenverletzung, sowie Schädel-Hirn-Trauma ab Grad 2.

Die Patienten wurden telefonisch und schriftlich zur Wiederaufnahme der Arbeit nach Verletzung befragt. Patienten mit frühem RTW innerhalb 6 Monate und solche mit späterem oder ausgebliebenen RTW wurden hinsichtlich potenzieller Einflussfaktoren in einer Fall-Kontroll-Analyse verglichen. Das Signifikanzniveau wurde auf p<0,05 gesetzt.

Evidenzlevel C.

Ergebnisse: Es wurden 103 Patienten kontaktiert, 84% (n=86) beantworteten sämtliche Fragebögen und wurden in die Analyse eingeschlossen (Durchschnittsalter 46 Jahre, 37% weiblich, 63% männlich). Patientenanzahlen pro verletztem Wirbelsäulenabschnitt: Zervikal 12 (14%), thorakal 26 (30%), lumbal 35 (41%), mehrere Wirbelsäulenabschnitte 13 (15%). Dreißig Patienten (35%) wurden konservativ und 56 (65%) operativ behandelt.

Sechs Monate nach der Verletzung arbeiteten 62% (n=53) der Befragten wieder (frühes RTW). Die Gruppe mit frühem RTW war signifikant jünger als die Gruppe mit spätem oder ausbleibendem RTW (44,0 vs. 50,3 Jahre, p=0,025). Der Anteil an Frauen (28% vs. 52%, p=0,030), sowie der Anteil operativ Behandelter (53% vs. 88%, p<0.001) war geringer. Der Anteil Selbstständiger war in der Gruppe mit frühem RTW höher (15% vs. 0%, p=0,019). Versicherungsstatus, Vorerkrankungen und schwere Verletzungen (Typ B, C oder A4 nach AO Spine) hatten keinen signifikanten Einfluss. Nach zwölf Monaten arbeiteten 71% (n=61) wieder.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Rate an RTW sechs Monate nach isolierter Wirbelsäulenverletzung betrug 62% und nach zwölf Monaten 71%. Günstige Faktoren für ein frühes RTW scheinen jüngeres Alter, konservative Therapie und Selbstständigkeit zu sein, wobei die Verletzungsschwere und Vorerkrankungen in dieser Studie ohne signifikanten Einfluss waren. Die Tatsache, dass Frauen häufiger in der Gruppe mit spätem oder ausbleibendem RTW waren, könnte an der familiären Erwerbsstruktur in Deutschland liegen, in der häufig weiterhin Männer Hauptverdiener sind.