German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Einfluss des Subscapularis-sparing Zugangs (SSZ) auf die Positionierung und Größenauswahl der glenoidalen Komponenten in der inversen Schulterendoprothetik
2Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
3Labor für Biomechanik und Biomaterialien – Orthopädische Klinik der MHH (Annastift), Hannover, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Das optimale Management des M. subscapularis ist ein nach wie vor kontrovers diskutiertes Thema bei der inversen Primärendoprothetik am Glenohumeralgelenk. Beim deltoideopektoralen Standardzugang (N-SSZ) wird die Subscapularis-Sehne häufig lediglich tenotomiert oder am Ende der Prozedur aufwändig refixiert, obwohl grundsätzlich ein Subscapularis-erhaltendes Vorgehen (SSZ) durch Modifikation der OP-Technik möglich ist. Potenzielle Vorteile beim Erhalt des Muskels sind die Option zur frühfunktionellen Nachbehandlung, eine verringertes Luxationsrisiko, eine höhere Innenrotationskraft sowie -beweglichkeit. Ziel war es herauszufinden, ob der SSZ die Positionierung und Größenauswahl der glenoidalen Komponenten bei Inverser Schulter-TEP Implantation beeinflusst.
Material und Methoden: Hierzu wurden von 2016 bis 2024 zufällig 90 Patienten mit SSZ ausgewählt und dann mittels propensity score matching eine Kontrollgruppe von 90 Patienten mit N-SSZ gebildet. Bei allen Patienten wurde eine primäre inverse Schulter-TEP implantiert (Delta XtendTM, DePuy Synthes, U.S.). Die postoperativen Röntgenbilder dieser Patienten wurden retrospektiv analysiert. Als primärer Endpunkt diente der Abstand vom zentralen Zapfen zur Glenoidunterkante (Peg-Glenoid-Rim Distanz; PGRD). Zusätzlich wurde der β-Winkel bestimmt und Glenosphärengröße sowie Inlayhöhe erfasst. Das Durchschnittsalter betrug 74,2 Jahre (SD ± 8,3) und der durchschnittliche BMI 27,4kg/m² (SD ± 5,5). 35% der Patienten waren männlich, 65% weiblich.
Ergebnisse: Die durchschnittliche PGRD betrug für die SSZ-Gruppe 22,5mm (SD ±2,7) und für die N-SSZ-Gruppe 22,3 mm (SD ±2,8). Der Unterschied war statistisch nicht signifikant (p=0,64). Der β-Winkel betrug für die SSZ-Gruppe 82,7° (SD ±7,7) und für die NSZ-Gruppe 82,4° (SD ±8,7), der Unterschied war statistisch ebenfalls nicht signifikant (p=0,79).
Die Verteilung der Glenosphärengrößen in den beiden Gruppen zeigte keinen signifikanten Unterschied (p=0,17). Die Verteilung der Inlayhöhe war zwischen den Gruppen ebenfalls nicht signifikant unterschiedlich (p=0,97).
Diskussion und Schlussfolgerung: Der relativ engere operative Situs des SSZ gegenüber dem Standardvorgehen mit Ablösen der Sehne hat bei dem untersuchten Prothesensystem mit 155° Schaftinklination keine radiologisch messbaren Nachteile bezüglich der Höhenpositionierung oder Inklination der Glenoidbasisplatte. Auch die Wahl der Glenosphärengröße und Inlayhöhe werden durch den engeren operativen Situs beim SSZ nicht beeinflusst. Der SSZ stellt somit eine sinnvolle Alternative zum N-SSZ dar ohne Implantatposition und Wahl der glenoidalen Komponenten zu beeinflussen.
Ob die hypothetischen Vorteile beim primären Erhalt der Sehne klinisch relevant sind, muss in weiteren klinischen Studien evaluiert werden.



