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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Schwerverletzte unter Antikoagulation – aktuelle Versorgungsqualität und die Bedeutung des INR

Felix Bläsius 1
Frank Hildebrand 1
Klemens Horst 1
1Universitätsklinik RWTH, Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Aachen, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Antikoagulierte Patienten, die ein schweres Trauma erleiden, stellen eine relevante Risikogruppe dar. Ziel der Untersuchungen war es, die aktuellen Mortalitätsrisiken anhand von Daten aus dem TR-DGU zu erfassen. Hierfür wurden Patienten unter einer Therapie mit direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK), Thrombozytenaggregationshemmern (TAH) und Vitamin K Antagonisten (VKA) untersucht. Patienten unter einer Therapie mit VKA wurden anhand der Höhe des Aufnahme-INR-Wertes in Subgruppen eingeteilt, sodass eine differenzierte Analyse innerhalb dieser Risikogruppe möglich wurde.

Material und Methoden: Es werden Ergebnisse aus retrospektiven Studien anhand von Daten aus dem TR-DGU präsentiert. Wir führten drei Matched-Pair-Analysen zur Bestimmung des Mortalitätsrisikos im Vergleich zu nicht exponierten Patienten durch (VKA vs. Kontrolle, DOAK vs. Kontrolle, TAH vs. Kontrolle). Der Einschluss umfasste schwerverletzte Patienten mit einem MAIS3+. Das Matching umfasste 9 Kriterien (Alter, AIS Gruppen, ASA, RRsys) und führte zum Einschluss von 677, 437, 1759 Paaren (ISS 17,2-18,9). In einer weiteren Studie wurde das Mortalitätsrisiko schwerverletzte Patienten mit einer pharmakologisch bedingten INR-Erhöhung untersucht (INR Gruppen: <1.5, 1.5–2.0, 2.0–2.5, 2.53.0, 3.0–3.5, >3.5). Es wurden 2.706 schwerverletzte Patienten unter einer Therapie mit VKA und mit einem MAIS3+ eingeschlossen. Für die Untersuchung des Mortalitätsrisikos wurde eine multivariate Analyse durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mittels SPSS v29.0.

Ergebnisse: Patienten unter einer Therapie mit VKA hatten ein signifikant höheres Mortalitätsrisiko im Paarvergleich. VKA Patienten mit einem überschießenden INR bei Aufnahme wiesen ein signifikant höheres Mortalitätsrisiko innerhalb der exponierten Gruppe auf. VKA Patienten unterhalb der therapeutischen Schwelle wiesen kein erhöhtes Mortalitätsrisiko auf. Patienten unter Therapie mit DOAKs wiesen kein erhöhtes Mortalitätsrisiko im Paarvergleich auf. Interessanterweise wiesen Patienten unter Therapie mit TAH eine erhöhte Frühmortalität (<24 h nach Aufnahme) auf. Dieser Unterschied war mit Blick auf die Krankenhaussterblichkeit nicht mehr nachweisbar.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die vulnerabelste Patientengruppe unter Antikoagulation stellten Patienten mit Vitamin K Antagonisten und überschießenden INR-Werten dar. Mit Blick auf Patienten unter Therapie mit VKA unterhalb der therapeutischen Schwelle bei Aufnahme war kein erhöhtes Mortalitätsrisiko durch diesen Umstand nachweisbar. Das aktuelle Management von Patienten unter einer Therapie mit DOAKs oder Thrombozytenaggregationshemmern erscheint suffizient.