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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Einfluss von Steroidhormonen auf das Outcome polytraumatisierten PatientInnen – eine prospektive Analyse

Olivia Bohe 1
Gregor Roemermann 1
Viktoria Hess 1
Conrad Ketzer 1
Peter Biberthaler 1
Marc Hanschen 1
1TUM Universitätsklinikum, Klinikum rechts der Isar, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, München, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Bekannterweise besteht ein Überlebensvorteil von Frauen gegenüber Männern nach Polytrauma. Die Ursachen werden vielfältig diskutiert. Besonders in vitro ergeben sich Hinweis auf eine protektive Wirkung der weiblichen Steroidhormone. Ziel dieser prospektiven Analyse ist es daher, die Rolle der Steroidhormone auf das Outcome nach Polytrauma in vivo zu untersuchen.

Material und Methoden: In dieser prospektiven Studie wurden alle polytraumatisierten PatientInnen (ISS ≥16) seit dem 01.04.2023 eingeschlossen. Ausgeschlossen wurden zuverlegte PatientInnen, Alter <18 Jahre, Schwangere und Patienten, die innerhalb der ersten 2 Tage nach Trauma verstarben.

Die Steroidhormonlevels (17-Estradiol, Progesteron, Testosteron, LH, FSH) wurden im Schockraum (T0) und in den folgenden 5 Tagen (T1-T5) nach Trauma bestimmt. Mögliche exogene und endogene Modulatoren des Hormonhaushalts wurden erfasst (Hormondauermedikation, Steroideinnahme, Carcinome, etc.). Klinischer Verlauf, Komplikationen und Mortalität wurden dokumentiert. Hormonwerte von Männern, prä- und postmenopausalen Frauen werden bei erwartungsgemäß divergierenden Baseline-Hormonwerten separat auf signifikante Unterschiede untersucht (Signifikanzniveau p<0,05). Neben einem zeitlichen Hormonprofil wurden signifikante Zusammenhänge zwischen Hormonlevels und Outcomeparametern eruiert.

Ergebnisse: 77 Patienten wurden bisher in die Studie eingeschlossen, 53 (68,8%) davon männlich. Mittleres Alter war 52,1 ± 20,1 Jahre, mittlerer ISS 26,7 ± 10,5. Die Mortalität betrug 13,0% (n=10).

Während bei prämenopausalen Frauen Estradiol kontinuierlich fiel, stieg es bei postmenopausalen Frauen und Männern bis T3 bzw. T2 noch an. LH, FSH, Progesteron und Testosteron fielen kontinuierlich ab.

Die Sterblichkeit männlicher Patienten war signifikant erhöht bei höheren Estradiolwerten an T0-T4 (Bsp. T0: 41,8 ± 20,9 pg/ml vs. 25,9 ± 9,4 pg/ml, p<0,002). Zudem war der Testosteronspiegel bei Männern, die eine Sepsis während des intensivstationären Aufenthalts entwickelten, signifikant niedriger an T2-T5 (Bsp. T4: 0,2 ± 0,1 ng/ml vs. 1,1 ± 1,4 ng/ml, p<0,01). Eine intrakranielle Blutung nahm bei Männern mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma (AIS AIS ≥3) signifikant häufiger zu, wenn der Estradiolwert an T0-T3 (Bsp. T1: 47,4± 23,4 pg/ml vs. 28,0±14,6 pg/ml) höher war. Diese Unterschiede waren weder bei prä- noch bei postmenopausalen Frauen vorhanden.

Ein signifikanter Unterschied zwischen den Hormonspiegeln und der Dauer des Intensiv- bzw. Krankenhausaufenthalts lag nicht vor. Es konnten keine signifikanten Unterschiede der Progesteronwerte beobachtet werden.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die bisherige Annahme, dass weibliche Steroidhormone eine protektive Wirkung nach Polytrauma haben, kann durch diese Studie widerlegt werden. Insbesondere bei Männern zeigt Estradiol einen negativen Einfluss auf das Outcome nach Polytrauma. Die Ursachen für den Überlebensvorteil von Frauen nach Polytrauma muss daher weiter erforscht werden.